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Ein neuartiges Computermodell kann die Hirnaktivität vorhersagen, wenn ein Mensch an Wörter wie "Sellerie" oder "Flugzeug" denkt. Eines Tages könnte daraus womöglich ein System zum Gedankenlesen entstehen, meinen die Entwickler um Tom Mitchell von der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh (Pennsylvania).
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Ihr Modell wird im US-Fachjournal "Science" (Bd. 320, S. 1191) vorgestellt.
"Unsere Arbeit ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt, um den Code des Gehirns zu knacken", urteilt Mitchells Kollege Marcel Just. Zunächst geht es den Forschern allerdings darum herauszufinden, wie das Gehirn Begriffe und begriffliches Wissen speichert und organisiert. Diese Erkenntnisse könnten der Erforschung von Störungen wie Autismus, Schizophrenie und Demenz helfen.
Es ist bereits bekannt, dass sich mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie (fMRT) die Regionen im Gehirn sichtbar machen lassen, die beim Gedanken an ein bestimmtes Wort aktiv sind. Mitchell und seine Mitarbeiter wollten nun aber einen Schritt weitergehen und einen Weg finden, um diese Aktivierungsregionen vorherzusagen. Sie erstellten dazu in einer Trainingsphase zunächst für insgesamt 60 Hauptwörter aus 12 Kategorien typische fMRT-Aktivierungsmuster. Kategorien waren Gruppen wie Tiere, Gebäude, Fahrzeuge oder Gemüse, verwendete Hauptwörter dementsprechend zum Beispiel Hund, Bahnhof, Flugzeug oder Karotte.
In einem zweiten Schritt bestimmten die Wissenschaftler dann, wie oft die getesteten Wörter in Texten zusammen mit 25 zuvor festgelegten Verben wie fühlen, schmecken, drücken oder heben auftauchten. Dazu durchforsteten sie Texte, die mehrere Millionen Wörter umfassten natürlich per Computer. Auf diese Weise erhielt jedes Wort ein individuelles Profil: Wörter aus der Kategorie "Gemüse" etwa werden häufiger mit Verben wie "schmecken" oder "essen" benutzt, solche aus der Kategorie "Fahrzeuge" öfter mit "fahren" oder "heben". "Die Bedeutung eines Apfels zum Beispiel ist in Hirnregionen abgebildet, die für Schmecken, Riechen und Kauen zuständig sind. Ein Apfel ist also, was man damit macht", erläuterte Just.
Die einzelnen Profile konnten die Wissenschafter nun direkt mit den zuvor ermittelten Aktivierungsmustern in Verbindung setzen. Anschließend konnten sie allein aufgrund des Profils eines neuen Wortes das Aktivierungsmuster im Gehirn vorhersagen. Dies bestätigten sie in entsprechenden Versuchen. Die Genauigkeit der Vorhersage lag demnach bei 77 Prozent. Selbst wenn die Forscher Wörter aus Kategorien testeten, die in der Trainingsphase nicht verwendet wurden, lag die Vorhersagegenauigkeit noch bei 70 Prozent und damit deutlich höher, als allein durch Zufall zu erwarten gewesen wäre. (APA)
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+++ Carnegie-Mellon-Universität