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Condoleezza Rice auf Vermittlungstour

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik
In Islamabad protestierten Mittwoch tausende islamische Studenten gegen Indien und die USA. Foto: ap/A. Naveed

US-Außenministerin ruft Streitparteien zur Kooperation auf. | Pakistan gegen Auslieferung von Terrorverdächtigen. | Neu Delhi. US-Außenministerin Condoleezza Rice hat mit einem Blitzbesuch am Mittwoch in Neu Delhi versucht, die explosive Stimmung zwischen den Erzrivalen Indien und Pakistan zu entschärfen. Rice sagte, Indien und Pakistan müssten schnell handeln, um die Täter des Terroranschlages von Bombay zur Rechenschaft zu ziehen.


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Indien sieht "Elemente in Pakistan" hinter dem Attentat, bei denen etwa 200 Menschen ums Leben kamen, und schließt einen Krieg gegen das Nachbarland nicht aus. Pakistans Regierung hat jede Beteiligung an der Tat zurückgewiesen und warnte Indien vor einem "Schuldzuweisungsspiel". Die beiden Atommächte haben bereits drei Kriege gegeneinander geführt.

Rice betonte, Pakistans Regierung habe ihr versichert, dass es mit Indien bei der Aufklärung der Terrortat zusammenarbeiten wollen. Gleichzeitig hielt sie sich aber mit konkreten Aussagen über eine mögliche Urheberschaft der Anschläge zurück, wies aber in Richtung des Terrornetzwerkes Al Kaida. "Es ist die Art der Anschläge, die Al Kaida machen würde, auch wenn sie nicht direkt daran beteiligt sein müssen."

Zuvor hatte der US-Geheimdienstkoordinator Michael McConnell die Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba (Armee der Frommen), der Verbindungen zum pakistanischen Geheimdienst nachgesagt werden, hinter der Anschlagsserie in Bombay vermutet. Die Gruppe, die gegen die indische Herrschaft in Kaschmir kämpft, habe schon 2006 einen ähnlichen Angriff auf einen Zug verübt.

Die US-Außenministerin betonte, dass es Zeit für alle Seiten sei, miteinander zu kooperieren. Später wollte Rice, die ein Nato-Treffen in Brüssel für die Krisenmission unterbrochen hatte, weiter nach Islamabad reisen. US-Generalstabschef Admiral Mike Mullen traf bereits am Mittwoch zu Gesprächen in der pakistanischen Hauptstadt ein.

Pakistans Regierung lehnte es unterdessen ab, tatverdächtige Terroristen an Indien auszuliefern. Präsident Asif Ali Zardari erklärte, er bezweifele sehr, dass der einzige überlebende Attentäter des Massakers aus Pakistan kommen würde, wie indischen Behörden sagen.

USA befürchten weitere Eskalation

Die USA fürchten, dass eine Eskalation zwischen den verfeindeten Nachbarn ihrem Terrorkampf in der Region einen schweren Rückschlag versetzen könnte. Der designierten US-Präsidenten Barack Obama möchte den verfahrenen Langzeit-Krieg in Afghanistan mit neuen Ansätzen zu Gunsten des Westens wenden. Die USA planen, 20.000 Soldaten bis April 2009 nach Afghanistan zu verlegen. Diese Strategie wäre jedoch gefährdet, wenn Pakistans Armee sich wieder auf mehr auf Indien konzentrieren würde und Truppen an der Grenze zu Afghanistan statt dessen an die indische Grenze verlegen würde. Pakistan gilt als wichtiger Verbündeter im Anti-Terror-Kampf des Westens.

Bereits nach dem Anschlag auf das indische Parlament im Dezember 2001 standen sich pakistanische und indische Soldaten an der Grenze für neun Monate gegenüber. Ein Teil der pakistanischen Streitkräfte war zuvor an der afghanischen Grenzen stationiert gewesen. Damals nutzen Al Kaida- und Taliban-Kämpfer das entstandene Vakuum, um sich nach dem Einmarsch der USA und ihrer Alliierten in Afghanistan im pakistanischen Grenzgebiet wieder aufzustellen.