Der Mann ist eine Managerlegende. 40 Jahre lang war er bei General Electrics (GE) beschäftigt, die Hälfte davon als oberster Boss. Jack Welch hat den US-Konzern dauerhaft geprägt, nicht zuletzt durch massive Eingriffe in dessen Strukturen und vor allem in den Personalstand. "Als ich kam, beschäftigte General Electrics 420.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Umsatz von 26 Mrd. Dollar. Heute arbeiten 310.000 Menschen dort und erwirtschaften 140 Mrd. Dollar", zieht Welch in Wien eine knappe Bilanz über seine Tätigkeit für GE.
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Auf die Frage, ob er jemals schlaflose Nächte gehabt hätte angesichts so vieler Kündigungen meint Welch nur: "Ich habe sie nicht gefeuert, sie sind von allein gegangen." Sein Rezept hierfür ist einfach: Transparenz. Jeder Mitarbeiter müsse jederzeit wissen, wie seine Vorgesetzten von ihm denken, wo er steht und wohin er sich entwickeln kann, erläutert Jack Welch am Freitag beim Consultantkongress "com.sult 05".
"Feedback ist enorm wichtig. So evaluiert man die Mitarbeiter in die Top 10%, die mittleren 70% und die 'Bottom 10', also die untersten 10%. Und wenn Sie wissen, dass Sie zu den Bottom 10% in der Firma gehören, dann suchen Sie selbst rechtzeitig einen neuen Job. Das Unmenschlichste ist, Mitarbeiter mit der Kündigung zu überraschen", wehrt Welch sich noch heute vehement gegen seinen Spitznamen "Neutronen-Jack". Er fordert daher auch für das Berufsleben eine Art Schulnotensystem: "Da weiß man immer, wie es gerade um einen bestellt ist. Warum hört man damit nach der Schule auf?"
Keine Zeit für die Bottom 10
Wenig Geduld bringt Jack Welch jedoch für die "Bottom 10" auf. "Das ist wie bei schlechten Schülern. Da vergeudet man Zeit und nichts ändert sich," lässt er seine legendäre Härte durchblitzen, nur um entschuldigend hinzuzufügen: "Wenn Sie ein Unternehmen mit mehreren 10.000 Mitarbeitern leiten, müssen Sie ein System finden, sich um die guten Mitarbeiter zu kümmern und die schlechten loszuwerden, für die haben Sie keine Zeit!"
Auch zweckentfremdete Hierarchien sind für ihn ein rotes Tuch. "Es kann nicht sein, dass man dem Finanzchef eher zuhört als guten Führungskräften aus anderen Bereichen. Bei einem Fußballteam will doch auch jeder lieber mit den Spielern sprechen und nicht mit dem Buchhalter", meint Welch ironisch und fügt hinzu: "Wenn man die Führungskräfte das richtige Team zusammenstellen und ihren Job tun lässt, wird auch der Finanzer mit dem Ergebnis zufrieden sein."
Ein gespaltenes Verhältnis lässt Jack Welch dann zu Unternehmensberatern erkennen: "Consultants sind wie Viren", donnert er ausgerechnet am Consultantkongress. Das sorgt unter den zahlreichen Beratern im Publikum naturgemäß für Aufsehen. "Missverstehen Sie mich nicht falsch, natürlich braucht man Consultants für bestimmte Spezialaufgaben. Allerdings wird man sie dann einfach nicht mehr los." Während ein Firmenchef ein Projekt durchziehen wolle, würde der Berater nur möglichst viele Projekte bei einer Firma an Land ziehen wollen.
Auf die Frage, ob verstaatlichte Unternehmen Sinn machen, meint Jack Welch entschuldigend: "Ich bin ein Kapitalist." Verstaatlichte Industrien seien zwar seiner Meinung nach nicht unbedingt ein Fehler, und: "Ich habe gehört, hier in Österreich hat das bisher gut funktioniert." Aber man müsse sich überlegen, ob das weiterhin profitabel sein könne. Sein Credo laute jedenfalls: "Ein Unternehmen kann nur erfolgreich sein, wenn es dem Wettbewerb ausgesetzt ist."
Zur Person
Jack Welch wurde 1936 im US-Bundesstaat Massachusetts geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Er studierte technische Chemie und begann 1960 beim US-Konzern General Electrics zu arbeiten. Von 1981 bis 2001 war er Chairman und CEO. Er machte den einst von Thomas A. Edison als Glühlampen-Produzenten gegründeten Industrieriesen zum profitabelsten Konzern der Welt.
Welch gilt als Personifizierung von Wirtschaftsdogmen wie "Shareholder Value" und "Change Management". Sein rigider Führungsstil sowie die umfangreichen Personalkürzungen - 110.000 Mitarbeiter in fünf Jahren - brachten ihm aber auch den wenig schmeichelhaften Beinamen "Neutronen-Jack" ein.
Mit September 2001 ist Jack Welch offiziell in den Ruhestand gegangen. Seither bereist er intensiv die Welt, hält Vorträge und veröffentlicht Bücher wie seine Autobiografie "Was zählt." (Econ Verlag, München 2001). Warum er trotz bereits ausgeprägten Reichtums immer weiter arbeiten wollte, begründete Welch in Wien so: "Geld war nie eine große Motivation für mich. Was mich mehr fasziniert, ist immer wieder etwas Neues dazuzulernen. Das tue ich heute auch noch auf meinen Reisen und genieße es daher mit vielen Menschen zu sprechen."