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Corona als Stolperstein für die Integration

Politik

Arbeitslosigkeit stieg laut Integrationsbericht 2021 bei Personen mit Migrationshintergrund stärker, auch im Bildungsbereich sind Defizite zu erwarten.


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Wie hat sich die Pandemie in Österreich auf die Integration ausgewirkt? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Integrationsberichts 2021, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Laut Katharina Pabel, der Vorsitzenden des Expertenrats für Integration, hinterließen die Corona-Maßnahmen vor allem am Arbeitsmarkt und in der Bildung ihre Spuren.

Die Pandemie ließ zwar österreichweit die Arbeitslosigkeit ansteigen: Bei Österreichern erhöhte sie sich von 2019 auf 2020 von 6,4 auf 8,4 Prozent. Ein noch stärkerer Anstieg zeigte sich aber bei Menschen mit Migrationshintergrund: Hier kletterte sie von 10,8 auf 15,3 Prozent hoch. Im Jahr 2020 befanden sich zeitweise 43 Prozent aller ausländischen Beschäftigten in Kurzarbeit, bei den Österreichern waren es 31 Prozent.

Der Grund für die Diskrepanz: Menschen mit Migrationshintergrund waren überproportional in besonders betroffenen Branchen beschäftigt, erklärte Pabel. Darunter sind etwa die körpernahen Dienstleistungen, Gastronomie, Beherbergungsbetriebe und Reinigungsunternehmen. Eine besondere hohe Arbeitslosenquote war bei Migranten aus Afghanistan, Syrien und dem Irak zu verzeichnen: Sie stieg auf 41,8 Prozent (2019: 36,7 Prozent).

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) erwartet, dass sich die Lage wegen der Corona-Lockerung und damit verbundenen Entspannung am Arbeitsmarkt bessert. Pabel sieht vor allem im IT-Bereich und Gesundheitssektor Zukunftschancen für die Betroffenen. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen, etwa in der Pflege, nachgebessert werden. Auch müsse sich die Wahrnehmung in der Gesellschaft ändern: Man dürfe Migranten nicht als billige Arbeitskräfte sehen.

"Stillstand bis Rückschritt"

Auch in der Bildung ortet Pabel massive Auswirkungen der Corona-Krise. Hier mangle es zwar noch an genauen Details. Diese werde man erst durch die Feststellung der Bildungsstandards und die Pisa-Studie 2022 erhalten, sagte Pabel. Sie geht aber von einem "Stillstand bis Rückschritt" aus. Defizite werden aufgrund des monatelangen Heimunterrichts erwartet.

Die zu befürchtenden Lernrückstände sollen durch die Sommerschulen und Elternkurse kompensiert werden, sagte Raab. Die Kurse werden 2021 fortgeführt und ausgebaut, kündigte sie an. Raab erwartet sich für dieses Jahr eine "breite Beteiligung".

Wie die aktuellen Zahlen im Integrationsbericht zeigen, ist der Anteil an Migranten im österreichischen Bildungssystem enorm. Österreichweit hatten im Schuljahr 2019/2020 insgesamt 26,8 Prozent der 1,12 Millionen Schüler eine nichtdeutsche Umgangssprache, in Wien waren es 52,7 Prozent aller Schüler. In Kindergärten waren es österreichweit 29,6 Prozent aller Kinder (Wien: 61,6 Prozent).

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Einen Schwerpunkt will Raab bei Frauen setzen. Diese sind laut dem Integrationsbericht nämlich besonders von der Krise betroffen. Sie litten stark an den Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosigkeit ausländischer Frauen stieg von 2019 auf 2020 auf 16,8 Prozent (2019: 11,8 Prozent) stärker als bei den Männern.

Bei den einzelnen Migrantengruppen zeigen sich aber deutliche Unterschiede. Die Erwerbsbeteiligung lag 2020 bei Männern aus Staaten des ehemaligen Jugoslawiens außerhalb der EU bei 74 Prozent, während sie bei Frauen bei 63 Prozent lag. Bei türkischen Männern betrug sie 70 Prozent (Frauen: 47 Prozent), bei Männern aus Afghanistan, Irak und Syrien 51 Prozent (Frauen: 11 Prozent).

Wachstum durch Zuwanderung

Neben den Problemen am Arbeitsmarkt führte die Pandemie laut dem Integrationsbericht auch zu einer erhöhten Gewaltgefährdung von Frauen. "Ergebnisse qualitativer Experteninterviews zeigen, dass häusliche Gewalt während der Pandemie zunahm und durch beengte Wohnverhältnisse und soziale Isolation ausgelöst beziehungsweise verstärkt wurde", heißt es. Im Rahmen des Gewaltschutzpakets will Raab nun mit zwei Millionen Euro für Maßnahmen zur Stärkung von Frauen mit Migrationshintergrund gegensteuern.

Einen Ausblick auf die Bevölkerungsentwicklung gab am Donnerstag Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. Demnach könnte Österreichs Bevölkerung bis 2080 auf etwa 9,9 Millionen Menschen wachsen. Dieser Zuwachs werde aber ausschließlich auf Zuwanderung zurückzuführen sein, sagte Thomas. Ab dem Jahr 2025 werde die Geburtenbilanz negativ sein. (dab)