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Corona als Stornogrund zieht nicht mehr

Von Petra Tempfer

Politik

Die Pandemie ist zum kalkulierbaren Risiko geworden - die Rückvergütung krankheitsbedingter Reiseausfälle wird schwierig.


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Waren es im Sommer 2020 die coronabedingten Flugverbote und die damit verbundenen Reisestornierungen, die zu unzähligen Beschwerden geführt haben, so sind es heute verschobene Flüge und lange Schlangen vor den Schaltern. "Weil nun viele wieder verreisen wollen und die Kapazitäten von null auf 100 hochgefahren werden müssen, kommt es zu Personalengpässen auf den Flughäfen", sagt dazu Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum im Verein für Konsumenteninformation. Wenn Mitarbeiter zusätzlich an Covid-19 erkranken, sei das Chaos perfekt.

Was die aktuellen Flugannullierungen betrifft, so haben Betroffene laut Schranz Anspruch auf die Rückerstattung der Flugkosten oder auf einen Ersatzflug zu denselben Reisebedingungen. Auch das Recht auf Ausgleichszahlungen könne mitunter geltend gemacht werden - "eine Entschädigungszahlung für die Unannehmlichkeiten, wenn die Annullierung kurzfristig binnen 14 Tagen vor Flugantritt erfolgt". Liegt die Flugdistanz unter 1.500 Kilometern belaufe sich diese auf 250 Euro, zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern auf 400 und bei mehr als 3.500 Kilometern auf 600 Euro.

Corona-Wellen sind mittlerweile bekannt

Ist allerdings die eigene Erkrankung an Covid-19 der Grund, zuhause in Quarantäne bleiben zu müssen, statt auf die bereits gebuchte Reise zu gehen, oder die Rückreise nicht antreten zu können, "so wird es jetzt schwierig, zu sagen, ich habe das Recht, kostenlos zurückzutreten", sagt Schranz zur "Wiener Zeitung". Aufgrund der steigenden Anzahl an Neuinfektionen im Urlaubsort daheim zu bleiben, zähle freilich noch weniger als plausible Erklärung. Denn Covid-19 sei zum kalkulierbaren Risiko geworden.

Anders als 2020, im ersten Jahr der Pandemie, in dem diese als außergewöhnlicher Umstand angesehen wurde, ziehe dieses Argument heute nicht mehr. Auch, dass die Pandemie in Wellen auftritt, sei mittlerweile bekannt und müsse bei der Urlaubsplanung mitgedacht werden. Verschweigt man die eigene Erkrankung an Covid-19 vor Reiseantritt, um Problemen zu entgehen, halst man sich damit noch mehr Probleme auf: "Dann kann man unter Umständen verwaltungs- und strafrechtlich belangt werden", sagt Schranz, der heute noch Fälle aus 2020 offen habe.

Mittlerweile sei Covid-19 beim Reisen allen anderen Erkrankungen wie der gewöhnlichen Grippe gleichgestellt. Wer im Krankheitsfall Geld zurückbekommen oder Ansprüche geltend machen möchte, müsse das also auf herkömmlichem Weg über eine Versicherung tun. "Über eine Reisestornoversicherung, die oft auch in der Kreditkarte inkludiert ist, ist das in der Regel abgedeckt", sagt Schranz - allerdings nur dann, wenn es für das Urlaubsland keine Reisewarnung gibt. Dann erlösche der Krankenversicherungsschutz, weil an dessen Stelle die Eigenverantwortung tritt. Laut Außenministerium bestehen derzeit keine Covid-19-bedingten Reisewarnungen. Als Reisender soll man sich aber stets früh genug mit den Corona-Regeln am Urlaubsort auseinandersetzen.

Um bei möglichen Problemen leichter zu seinem Recht zu kommen, rät der Konsumentenschützer, Flüge direkt bei der Fluglinie oder gleich eine Pauschalreise bei einem Reiseveranstalter zu buchen. "Man kann aber auch ganz klassisch ins Reisebüro gehen." Kommt es zu Problemen, ist dann die Fluglinie oder der Reiseveranstalter direkter Ansprechpartner. Beim Buchen über eine Onlineplattform werde zwar auf Ansprechpartner verwiesen, "diese sind aber oft schwierig erreichbar, und es gibt keinen entsprechenden Kundendienst".

"Chaos am Flughafen nie zu Lasten des Passagiers"

Ansprüche der Konsumenten bei Überbuchung, Flugausfall oder -verschiebungen sind grundsätzlich über die Fluggastrechteverordnung der EU geregelt. Bei Pauschalreisen sind laut Pauschalreisegesetz zum Beispiel Preiserhöhungen nur bis spätestens 20 Tage vor Reiseantritt möglich und dann auch nur, sofern es in den AGB vereinbart ist. Erhöhen sich die Preise um mehr als acht Prozent, muss der Kunde jedoch in jedem Fall zustimmen oder die Möglichkeit erhalten, kostenlos zurückzutreten.

Ist man schon einmal auf dem Flughafen, sollte man jedenfalls seinen Fotoapparat oder das Handy bereithalten: Verpasst man nämlich trotz rechtzeitigen Erscheinens etwa zwei Stunden vor Abflug seinen Flug, weil zum Beispiel der Check-in zu lange gedauert hat oder - wie noch vor kurzem - die Überprüfung des Corona-Impfstatus, sollte man Fotos und Selfies von dieser Situation machen. Dann könne man Ansprüche geltend machen, sagt Schranz: "Chaos am Flughafen geht nie zu Lasten des Passagiers."

Über das Europäische Verbraucherzentrum sind kostenlos Musterbriefe für Beschwerdefälle und Informationen zu den Fluggastrechten abrufbar: europakonsument.at