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"Corona-App" als Reisepass

Von Gregor Kucera

Politik
In naher Zukunft könnte es für Reisen nicht nur eines Passes bedürfen, sondern auch eines Handys mit App.
© WZ-Illustration: Moritz Ziegler

Eine elektronische Kontrolle der sozialen Kontakte und Ausgangsbeschränkungen könnte in Zukunft für Reisen und Unternehmungen obligatorisch werden. Doch es gilt dabei die rote Linien der Überwachung zu bedenken.


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Es sind herausfordernde Zeiten für alle Menschen in diesem Land. Wenn man die aktuellen Entwicklungen betrachtet, so scheint es derzeit unumgänglich, dass eine Lockerung der Ausgehbeschränkungen nicht nur mit Maskenpflicht, sondern auch mit einer gewissen Kontrolle Hand in Hand geht. Doch wie soll eine Überwachung von Ausgang und Kontakten erfolgen und vor allem wie viel muss eine App können und - noch wichtiger - wie viel darf sie dürfen?

Technik und Datenschutz

Die wesentlichen Punkte in der Diskussion rund um Apps und Corona-Tracking liegen jedoch nicht in der technischen Infrastruktur. Zunächst ist es essenziell, dass Menschenrechte, vor allem Persönlichkeits- und Datenschutzrechte gewahrt bleiben. Daher muss transparent kommuniziert werden, welche Daten gesammelt, an welche Stellen weitergegeben und ausgewertet werden. Auch der Zugriff muss streng kontrolliert und protokolliert werden. Ein Ende der Überwachung muss ebenso festgelegt werden wie das klare Bekenntnis für eine verpflichtende Löschung der gesammelten Daten nach der Phase der Ausnahmesituation, sowie das Verhindern von unzulässigen Datenverknüpfungen.

Sofern diese Aspekte einmal geklärt sind, gibt es nur noch zwei wichtige Faktoren zu beachten - zum einen wird sich eine internationale Lösung auf lange Sicht definitiv bezahlt machen. Zum anderen müssen die bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten bestmöglich genutzt werden. Und hier ist vor allem darauf zu achten, dass kein Zugriff auf Daten durch Handyhersteller, App-Entwickler und Marketing-Unternehmen besteht. Nicht auszudenken wären etwa jene Konsequenzen, wenn Gesundheitsdaten an Versicherungen oder Banken gehen würden. Bei den zahlreichen Diskussionen rund um den Erdball ist immer wieder zu hören, dass die Menschen ja jetzt schon bereit sind, ihre Daten an die großen Onlinekonzerne zu übergeben, eine verstärkte Kontrolle durch den Staat daher kaum Auswirkungen hätte oder Verschlechterungen bedeuten würde. Tatsächlich ist der gläserne Handy-Anwender nicht so fern, wie man es sich erhoffen könnte. Und doch, es gibt essenzielle Bereiche, die bislang nicht überwacht und vor allem, die nicht miteinander verknüpft werden konnten. Auf dem Smartphone sind die wesentlichen Technologien bereits vorhanden, um die Nutzer mehr oder weniger lückenlos zu überwachen - Standortdaten, Mobilfunkdaten, Kompass, Kamera und Fingerabdruckscanner bis hin zu Anwendungen, die Schlaf- oder Gesundheitsdaten erfassen können.

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Technisch notwendig
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Andere

Die grundsätzliche Frage ist dabei die Datenhoheit - also wer kontrolliert und wem gehören die Datensätze. Das Smartphone als steter Begleiter und mittlerweile auch als Geldbörse ist vielen Leuten ein Begriff. Als Ausweis - in diesem Fall als Reisedokument wohl aber noch nicht. Dabei ist der Schritt nur ein sehr kleiner - wie etwa Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel wissen. Auf dem Handy ist die Jahreskarte abgespeichert und dient der Legitimation. Ein Reisepass- oder Personalausweis-Ersatz ist somit nur ein kleiner Schritt für die Technik. Sicher am Mobiltelefon abgespeicherte Datensätze könnten in Zukunft für Reisen obligatorisch werden. Da sich wohl in diesem Sommer ohnehin noch keine Auslandsreisen für den privaten Erholungsurlaub ausgehen werden, sondern nur notwendige Geschäftsreisen, würde es auch hier - gerade, wenn man die europäische Wirtschaft ankurbeln will - eine gesamteuropäische Lösung empfehlen. Aus Deutschland, wo nach derzeitigem Wissensstand eine Tracking-App kurz vor der Veröffentlichung steht, kamen auch schon erste diesbezügliche Aufrufe einer internationalen Zusammenarbeit.

Wie wichtig ein weltweiter Schulterschluss wäre, zeigt sich daran, dass derzeit bereits mehr als 30 Länder ihre eigenen Tools veröffentlicht haben, dabei aber keine internationalen Standards oder gemeinschaftlichen Beschlüsse angedacht wurden. Wer nun in Zukunft, sofern es wieder möglich ist, Staatsgrenzen passieren möchte, könnte demnach eine Vielzahl von Anwendungen auf seinem Smartphone installieren müssen.

Die Flaschenhälse

Nicht nur Datenschützer weisen in den letzten Tagen auf die vielen offenen Fragen hin. Auch Verbände und Interessensgruppen meldeten sich zu Wort und wollen wissen, wie es für Personen ohne Smartphone möglich sein soll, sich außerhalb der eigenen vier Wände problemlos zu bewegen. In der aktuellen Diskussion wird über den Einsatz von eigenen Tracking-Geräten diskutiert, die die wesentlichen Funktionen eines Smartphones übernehmen sollen. Am ehesten wäre man hier wohl bei einem digitalen Ausweisdokument in der Form aktueller Fitnesstracker. Diese, meist in Uhrenform verfügbar, können ebenso Bewegungsmuster aufzeichnen und deren Daten ausgewertet werden. Ein verpflichtender Einsatz per Verordnung würde billiger kommen, als Smartphones unter der Bevölkerung zu verteilen, löst aber nicht die auftretenden logistischen Herausforderungen. Am Ende bleiben die Fragen, welche Daten müssen gesammelt und im Kampf gegen das Virus ausgewertet werden, und wie kann man allen Menschen Zugang zu den Tools geben?