)
Die Nationalbank gibt aber Entwarnung: Fremdwährungskredite sind aus ihrer Sicht "mittlerweile kein systemisches Risiko" mehr für den heimischen Bankensektor.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren geht es mit dem Wechselkurs des Franken zum Euro wieder Schritt für Schritt nach oben. Im Zuge der durch Covid-19 ausgelösten Weltwirtschaftskrise hat die Landeswährung der Schweiz ihre Bergfahrt sogar noch beschleunigt, im Mai markierte der Franken-Kurs vorübergehend seinen höchsten Stand seit gut fünf Jahren. Der Grund für diesen Höhenflug: Ähnlich wie Gold ist die eidgenössische Devise bei Anlegern gerade in unsicheren Zeiten als sicherer Hafen gefragt.
Keine Freude damit hat allerdings die Schweizerische Nationalbank. Sie sieht sich seit Monaten dazu gezwungen, gegen die Aufwertung des Franken mit Fremdwährungskäufen immer wieder an den Devisenmärkten zu intervenieren. Das soll verhindern, dass der Franken zu stark wird (was für die besonders vom Export abhängige Wirtschaft der Schweiz ein veritables Problem wäre).
Keine Freude mit einem nach oben kletternden Franken-Kurs haben freilich auch Kreditnehmer in Österreich, die sich einst bei heimischen Banken in der Währung der Eidgenossen verschuldet haben. Noch dazu, wo es derzeit viele Analystenstimmen gibt, die damit rechnen, dass der Franken wegen der anhaltenden Unsicherheiten rund um Corona und die globale Konjunktur auch 2021 die stärkste Währung der Welt bleiben dürfte und somit wohl weiter aufwerten wird.
Wechselkursverluste von 35 bis 45 Prozent
Die Schuldenlast für Franken-Kreditnehmer ist während der Corona-Pandemie mit dem schwächeren Euro jedenfalls größer geworden. Schon seit dem Frühjahr 2018 war sie wieder gestiegen, davor hatte sie sich nach einem Rekordstand des Franken Anfang 2015 in einem Zeitraum von etwa drei Jahren etwas verkleinert (siehe Chart).
In Finanzkreisen wird geschätzt, dass österreichische Franken-Kreditnehmer aktuell auf Wechselkursverlusten von 35 bis 45 Prozent der ursprünglichen Kreditsumme sitzen. Indes bauen heimische Privathaushalte ihre Kredite in Fremdwährungen, wovon gut 96 Prozent auf Franken-Kredite entfallen, weiter ab. Das hier noch offene Volumen ist "weiterhin rückläufig", wie Gottfried Haber, Vizechef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), berichtet.
Laut seinen Angaben schrumpfte es in der ersten Hälfte des laufenden Jahres um 6,8 Prozent (wechselkursbereinigt) auf 12,8 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Herbst 2008, als die Finanzmarktaufsicht (FMA) neuen Krediten in anderen Währungen als dem Euro aufgrund der hohen Risiken einen Riegel vorgeschoben hatte, war hierzulande noch ein ungefähr drei Mal so großes Kreditvolumen in Fremdwährung offen.
Risiko Fremdwährungskredite aus OeNB-Sicht beherrschbar
Zurückgegangen ist im ersten Halbjahr 2020 auch der Anteil der hauptsächlich eben aus Franken-Krediten bestehenden Fremdwährungskredite am Gesamtbestand ausstehender Kredite - von 8 Prozent (Ende 2019) auf 7,5 Prozent zur Jahresmitte 2020. Am Höhepunkt des Fremdwährungskreditbooms - 2006 - lautete noch fast ein Drittel aller Kredite der österreichischen Privathaushalte auf andere Währungen als den Euro.
Inzwischen sieht die OeNB das Risiko Fremdwährungskredite aber als begrenzt und beherrschbar an. "Umsichtige und frühzeitig gesetzte aufsichtliche Maßnahmen haben dazu beigetragen, dass Fremdwährungskredite für das österreichische Bankensystem mittlerweile kein systemisches Risiko mehr darstellen", betont Vize-Gouverneur Haber. "Nichtsdestotrotz empfehle ich den betroffenen Banken weiterhin, gemeinsam mit den Kreditnehmern deren Risikotragfähigkeit zu evaluieren und gegebenenfalls Schritte zur Eindämmung der Risiken zu setzen."
Vor allem Häuslbauer verschuldeten sich in Franken
Fremdwährungskredite gelten in hohem Grad als spekulativ. Risiko besteht für den Kreditnehmer nämlich in dreifacher Hinsicht - aufgrund des Währungskurses, der Zinsen und der Performance des Tilgungsträgers (Anleihen, Aktien, Investmentfonds etc.). Wie gefährlich solche Finanzierungsprodukte - insbesondere die in Österreich von 1999 bis zum FMA-Neuvergabeverbot 2008 sehr beliebten Franken-Kredite - sein können, haben die Weltfinanz- und Wirtschaftskrise sowie die spätere Euro-Staatsschuldenkrise gezeigt.
Vor allem viele Häuslbauer hatten sich in Franken verschuldet, um von niedrigen Zinsen zu profitieren. Dabei hatten sie darauf spekuliert, dass der Wert des Franken gegenüber dem Euro zumindest stabil bleiben würde. Doch diese Rechnung ging nicht auf: In der Finanzkrise legte der Franken um gut die Hälfte zu, nach Aufhebung seines Mindestkurses von 1,20 durch die Schweizerische Nationalbank im Jänner 2015 schoss er nochmals rauf. Die Schuldenlast der Kreditnehmer wurde immer größer. Daher veranlassten FMA und OeNB die Banken dazu, die Kunden zur Konvertierung in einen Euro-Kredit zu bewegen, um diesen und auch sich selbst das Risiko vom Hals zu schaffen. Sowohl die Kreditnehmer als auch die Kreditgeber sollten nicht mehr auf einem Pulverfass sitzen, so ihre Intention.