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Corona hat die Thermen kalt erwischt

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Die Besucher kommen wieder. Für sie gibt es aufgrund der Distanzregel mehr Platz. Der Umsatzentgang durch den wochenlangen Stillstand wird die Thermen aber noch lange Zeit beschäftigen.


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Whirlpool, Sauna und Entspannung für die Großen, Babybecken, Wasserrutsche und Action für die Kleinen: Nach dem wochenlangen Corona-Lockdown dürfen Österreichs Thermen seit Ende Mai wieder geöffnet haben. Auch wenn jetzt unter Einhaltung umfassender Hygienemaßnahmen wieder Normalbetrieb herrscht, wird der Branche Freitag, der 13. März, noch lange in Erinnerung bleiben.

Im Thermenresort Loipersdorf in der Südoststeiermark wurden an diesem Tag um 14 Uhr die letzten Gäste hinauskomplimentiert. "Zwei haben sich sogar geweigert zu gehen", erzählt Pressesprecher Martin Eigler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Dann wurde das Wasser aus einem Teil der Thermalbecken ausgelassen. "Wir hatten dann relativ viele Fliesenarbeiten im Innen- und Außenbereich, denn wenn der Wasserdruck wegfällt und die Fugen austrocknen, fangen die Fliesen an, rauszufallen", so Eigler. Spannend sei der Moment gewesen, als nach der Corona-Pause die neun "trockengelegten" Wasserpumpen, die normalerweise Tag und Nacht unter Last laufen, wieder angeworfen wurden.

Die Zeit des Lockdowns wurde dazu genutzt, um ohnedies notwendige Instandhaltungsarbeiten durchzuführen. Kündigungen gab es keine, ein Teil der 300 Mitarbeiter wurde in Kurzarbeit geschickt.

Gäste aus dem Ausland fehlen

Die Entwicklung der Besucherzahlen seit der Wiederöffnung am 29. Mai sei "durchwachsen", sagt Eigler. "Die Wochenenden und einzelne Tage laufen ganz gut, aber es gibt Tage unter der Woche, wo noch Luft nach oben ist." Vor allem die internationalen Gäste - aus Ungarn, Slowenien, aber auch aus Deutschland - fehlen, und bei Wellness- und Massagebehandlungen herrsche Zurückhaltung. Dafür würden aber die inländischen Gäste etwas länger bleiben als sonst.

Die bisherigen Betriebsausfälle könne man trotzdem nicht mehr einspielen. "Das wird uns noch die nächsten Jahre buchhalterisch beschäftigen", konstatiert Eigler. Auch die Region werde das spüren: "Bevor man hier warmes Wasser gefunden hat, war die Region das Armenhaus Österreichs. Heute werden rund 2000 Arbeitsplätze mit der Therme Loipersdorf assoziiert." So seien etwa 130 Beherbergungsunternehmen Partner der Therme. Deren Existenzsorgen seien groß.

Von einem "massiven Umsatzrückgang, "den wir unmöglich wieder wettmachen können", spricht auch Klaus Hofmann, Geschäftsführer der burgenländischen St. Martins Therme & Lodge, ein Resort der Vamed Vitality World, zu der unter anderem auch die Therme Wien gehört.

Der Tourismus sei grundsätzlich die am härtesten von der Corona-Pandemie getroffene Branche, so Hofmann, der auch Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) ist. "Was ein Tourismusbetrieb in diesen zweieinhalb Monaten verloren hat, kann er nicht aufholen, wenn er, so wie wir, ein Ganzjahresbetrieb ist", sagt er. Der St. Martins Therme - sie verfügt über einen hauseigenen Badesee für Lodge-Gäste - kommt aber zugute, dass der Anteil einheimischer Gäste 90 Prozent beträgt. Mit der derzeitigen Buchungslage sei man sehr zufrieden. Die Buchungen für die Sommermonate, in denen Hochsaison herrscht, liegen über dem Vorjahreswert.

Es sieht also gut aus - wenn da nicht die Distanzregel zum Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus wäre. Da in allen Bereichen der Mindestabstand von einem Meter eingehalten werden muss, kann das Haus mit seinen 194 Zimmern nicht ganz vollgebucht werden. "Selbst wenn die Nachfrage zu 100 Prozent da wäre, könnten wir nur 80 Prozent der Zimmer vergeben", sagt Hofmann. In der Therme seien nur 40 Prozent der Liegekapazität nutzbar. In der Branche würden die Hygienemaßnahmen freilich nicht infrage gestellt. "Wenn alle Gesundheitsexperten sich einig sind, dass die Distanzregel die sinnvollste Präventionsmaßnahme ist, dann werden wir uns bedingungslos daran halten." Auch wenn das negative wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht.

Den genauen Schaden könne er erst zu Jahresende beziffern, ebenso wie die Höhe der staatlichen Förderungen, so Hofmann. Hier herrsche noch beträchtliche Unsicherheit.

274 der insgesamt 300 Mitarbeiter, für die Kurzarbeit in Frage kam, wurden in Kurzarbeit geschickt. Den Lockdown habe man in der St. Martins Therme dazu genutzt, um Revisions- und Instandhaltungsarbeiten durchzuführen und das Haus auf Vordermann zu bringen. So wurde etwa der Lodge-Außenpool um eine neue Holzterrasse erweitert.

Über 300 Maßnahmen zum Schutz von Gästen und Personal

Die Therme Wien in Oberlaa, Teil des 10. Bezirks (Favoriten), hat gemeinsam mit Hans-Peter Hutter, Facharzt für Hygiene an der Medizinischen Universität Wien, ein Sicherheits- und Hygienekonzept mit mehr als 300 Einzelmaßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter und der Gäste entwickelt. Die momentane Gästefrequenz liege um rund 40 Prozent niedriger, als sie im Juni der Vorjahre war, heißt es auf Anfrage. Um mehr Gäste in die Therme zu locken, gilt bis 31. August der wetterunabhängige, reduzierte Sommertarif. Zusätzlich wurde der Liegen- und Gastronomieservice verstärkt. Seit Montag ist auch die Sauna wieder in Betrieb. Auf Aufgussrituale oder geführte Spezialaufgüsse müssen die Saunagäste aber noch verzichten.

Die Therme Wien beschäftigt insgesamt 270 Mitarbeiter. Sie wurden zu Beginn des Lockdowns für Kurzarbeit angemeldet und konnten alle gehalten werden. Aufgrund der aktuell noch vorhandenen Einschränkungen im laufenden Betrieb wurde die Kurzarbeit aber verlängert. Man hofft, bald wieder zu einer Normalität ohne Einschränkungen zurückkehren zu können. Am häufigsten werde die Therme Wien natürlich in den Herbst- und Wintermonaten sowie in den Ferien und an Feiertagen besucht. In den vergangenen Jahren habe sie sich jedoch durch zahlreiche Investitionen und Angebotserweiterungen als Ganzjahresdestination etablieren können.

In Österreich gibt es rund 40 Thermen, allein elf davon in der Steiermark. Die meisten Thermen, die in den vergangenen Jahren starke Konkurrenz durch große Erlebnis-Hallenbäder und Wellness-Resorts bekommen haben, können sowohl von Tagesgästen als auch von Übernachtungsgästen genutzt werden. 2019 haben sich die Besucherzahlen nach vier Jahren eher verhaltenen Wachstums wieder erkennbar dynamischer entwickelt, geht aus einem Branchenradar des Beratungsunternehmens Kreutzer Fischer & Partner hervor. Die Anzahl der Eintritte stieg um 1,4 Prozent auf 9,53 Millionen. Der Zuwachs sei allerdings primär auf Stundengäste zurückzuführen. Der Anteil der Tagesgäste sank um 0,5 Prozentpunkte auf 58,8 Prozent. 2016 waren noch knapp 62 Prozent aller Besucher Tagesgäste gewesen. Marktführer ist die Vamed Vitality World, gefolgt von den EurothermenResorts.