Vakzine gegen Sars-CoV-2 verhindern nicht nur schwere Verläufe, sondern auch Langzeitfolgen von Covid-19.
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Mitten in der sommerlichen Corona-Welle attestieren gleich drei Forschungsteams der Impfung gegen das Virus Sars-CoV-2 einen äußerst positiven Effekt: Die Vakzine verhindern nicht nur Infektionen, schwere Verläufe, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle, sondern sie senken auch das Risiko, Langzeitfolgen zu erleiden.
Bisher war nicht klar gewesen, ob die Impfungen die Gefahr weiterer akuter und langfristiger Folgen einer Coronavirusinfektion verringern. Der Long Covid genannte Zustand geht unter anderem mit wochen- bis monatelanger Abgeschlagenheit, Vergesslichkeit und einem Gefühl der Dauer-Überforderung, Kurzatmigkeit und Müdigkeit einher. Laut den US-Teams sind die Impfungen wirksam gegen diesen Zustand, wobei sich diese Wirksamkeit mit der Zahl der Dosen aufbaut.
Die drei Publikationen finden sich in der Zeitschrift des amerikanischen Ärzteverbandes (Jama), eine der angesehensten medizinischen Fachzeitschriften. Elena Azzolini vom IRCCS Humanitas Research Hospital in Mailand und ihre italienischen Ko-Autoren haben dort eine wissenschaftliche Untersuchung über den Effekt der Covid-19-Impfung auf das Auftreten langfristiger Gesundheitsprobleme durch Long Covid nach einer Erkrankung veröffentlicht.
Fast eine Viertelmillion weniger Todesfälle in USA
Zwischen März 2020 und April 2022 hatte man Beschäftigte von neun italienischen Gesundheitseinrichtungen anhand von regelmäßigen PCR-Tests beobachtet. Insgesamt nahmen 2.560 Personen an der Studie teil. 739 von ihnen, oder 29 Prozent, entwickelten eine Covid-19-Erkrankung, die bei insgesamt 31 Prozent der Patienten zu Anzeichen von Long Covid führte. Dieser Anteil verbesserte sich im Zeitverlauf: Er lag in der ersten Covid-19-Welle bei 48,1 Prozent, um schließlich bis zur dritten Welle am Ende der Beobachtungszeit auf 16,5 Prozent zu fallen.
Jede Impfstoffdosis machte einen Unterschied: 48,1 Prozent der Ungeimpften mit Covid-19 entwickelten Long Covid. 30 Prozent mit der Erkrankung erlitten diesen Zustand nach nur einer Teilimpfung, 17,4 Prozent nach zwei Vakzine-Dosen und schließlich 16 Prozent nach drei Teilimpfungen und trotzdem aufgetretener Erkrankung.
Einer speziellen Gruppe widmeten sich wiederum der US-Pharma-Informationsdienst IQVIA, die Johns Hopkins University im US-Staat Maryland und die Nationale Basketball-Gesellschaft in den USA. Das Team nahm 2.613 Basketballer und Mitglieder von deren Teams auf. Die Testpersonen mussten bis ersten Oktober 2021 zumindest zwei Mal geimpft und bis fünften Jänner 2022 die dritte Teilimpfung gegen Covid-19 erhalten haben. Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt 33,7 Jahre alt und gesund, verbrachten jedoch mit Basketball als Teamsport viel Zeit bei Training und Spielen gemeinsam in Innenräumen. Am Ende des Studienzeitraums hatten 85 Prozent den dritten Stich erhalten.
Der Effekt laut den Autoren: Die dritte Teilimpfung senkte das Risiko für asymptomatische Infektionen um 57 Prozent. Symptomatische Infektionen waren sogar um 61 Prozent seltener. "Diese Studie zeigte, dass bei jungen, gesunden und stark durchgeimpften Personengruppen mit häufigen Kontrollen auf Sars-CoV-2 ein Booster zu signifikant weniger Infektionen führte", fasst Studienleiterin Caroline Tai vom IQVIA zusammen.
Auf riesigen Datensätzen für die gesamten USA für den Zeitraum von 1. Dezember 2020 bis 30. September 2021 beruht eine Untersuchung zur Abschätzung der Zahl der Covid-19-Infektionen, Spitalsaufnahmen wegen der Erkrankung und Todesfällen infolge schwerer Verläufe, die von einem Team um Molly Steele von den staatlichen US-Zentren für Krankheitskontrolle in Atlanta durchgeführt wurde.
16 Millionen Covid-19-Erkrankungen und 310.000 Todesfälle waren in den USA vor der Impfung gegen Sars-CoV-2 zwischen 19. Jänner und 12. Dezember 2020 registriert worden. Die Modellrechnung unter Berücksichtigung der mit 12. Dezember 2020 in den USA gestarteten Impfkampagne zeigt signifikante Ergebnisse bis Ende September 2021: "Die Covid-19-Impfung hat schätzungsweise 27 Millionen Ansteckungen mit Sars-CoV-2, 1,6 Millionen Spitalsaufnahmen und 235.000 Todesfälle verhindert", berichtet Steele.
Die relative Wirksamkeit der Covid-19-Impfung wurde schließlich für September 2021 berechnet. Demnach gab es um 52 Prozent weniger Infektionen, um 56 Prozent weniger Spitalsaufnahmen und 58 Prozent weniger Todesfälle als ohne Impfstoffe.
Warum aber dennoch Durchbruchsinfektionen passieren, zeigt eine deutsche Impfstudie. Wie gut die Impfung schützt, hängt demnach von der Stärke der Antikörperantwort ab, die jemand gegen das Virus entwickelt, und diese ist von Mensch zu Mensch verschieden. Die von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen durchgeführte größte deutsche Impfstudie wird seit über einem Jahr gemacht.
Warum es trotzdem Durchbruchsinfektionen gibt
Das Forschungsteam hat regelmäßig nach der Erst-, Zweit-, und Drittimpfung Blutproben entnommen und die Menge der Antikörper gegen das Sars-CoV-2-Virus - Antikörpertiter genannt - bestimmt. Zusätzlich beantworteten die Teilnehmenden Fragen zu ihrem Gesundheitszustand sowie dazu, ob Corona-Infektionen trotz Impfung auftraten.
Seine ersten Studienergebnisse hat das Forschungsteam in der renommierten Fachzeitschrift "Frontiers in Immunology" publiziert, wobei Daten von 1391 Teilnehmenden eingeflossen sind. Im Zeitraum von Ende November 2021 bis Anfang März 2022 infizierten sich trotz Booster 102 Personen, oder sieben Prozent, mit der Omikron-Variante des Coronavirus. Die meisten Infektionen erfolgten im privaten Umfeld.
"Das Gute ist, dass bei allen Infizierten die Erkrankung nur kurz dauerte und milde verlief, ähnlich wie bei einer Erkältung", sagt Winfried Siffert, Leiter des Essener Instituts für Pharmakogenetik Der vierte Stich sollte sich somit lohnen.(est)