Das Virus kann auch zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen - von einer Bewertung der Risiken bis hin zu besonderen Schutzmaßnahmen gefährdeter Mitarbeiter.
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Die Verbreitung des Coronavirus beschäftigt unsere südlichen Nachbarn in Italien schon seit einer Woche. Jetzt sind die ersten Infektionen auch in Österreich aufgetreten, und die Krisenstäbe tagen landesweit. Neben einer Vielzahl an gesundheitlichen Bedenken kann das Coronavirus auch zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Diese reichen von einer Bewertung der Risiken, denen Arbeitnehmer während der Arbeit ausgesetzt sind, bis hin zu besonderen Schutzmaßnahmen gefährdeter Mitarbeiter.
Wie sollen Österreichs Arbeitgeber reagieren?
Was die Gefährdung von Arbeitnehmern durch das Coronavirus anbelangt, kann kein Zweifel bestehen, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Schutz hat. Arbeitgeber sind nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sowie der ihnen zukommenden Fürsorgepflicht verpflichtet, Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit ihrer Arbeitnehmer zu ergreifen und entsprechende Gesundheitsrisiken zu minimieren. Für Arbeitgeber bedeutet dies konkret erst einmal zu evaluieren, ob eine Ansteckungsgefahr während der Arbeitszeit möglich ist und welche Maßnahmen gesetzt werden können, um dieses Risiko unter Kontrolle zu bringen.
Zur Vorbeugung einer Ansteckung, insbesondere in Branchen mit viel Kundenkontakt, könnte der Arbeitgeber zusätzliche Hinweise auf die Einhaltung von Hygienevorschriften geben (wie häufiges Desinfizieren der Hände, Klimaanlagen ausschalten). Darüber hinaus darf ein Arbeitgeber auch Hygieneschutzmaßnahmen anordnen. Dies gilt etwa für das Tragen von Mundschutz.
Insbesondere gilt es, "Risikoarbeitnehmer" zu ermitteln, die in die gefährdeten Regionen verreist oder zurückgekehrt sind und sie anzuleiten, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Der Arbeitgeber kann selbstverständlich nicht umfassenden Schutz gewähren, da ein gewisses (Rest)Ansteckungsrisiko trotz alledem besteht.
Besteht ein konkreter Verdacht oder kommt es zu einer Ansteckung eines Arbeitnehmers, so hat der Arbeitgeber nicht nur erhöhte Schutzpflichten gegenüber seinen übrigen Mitarbeitern, sondern ist auch nach dem Epidemiegesetz verpflichtet, dies den zuständigen Behörden zu melden und diesen entsprechende Auskünfte zu erteilen. Arbeitgebern steht es frei, ihren Betrieb vorübergehend zu schließen. Allerdings haben sie in diesem Fall ihre Arbeitnehmer dienstfrei zu stellen, wobei ihre Bezüge weiterhin ausbezahlt werden müssen.
Was tun im Fall einer behördlichen Quarantäne?
Auch ein Arbeitnehmer, der von der Bezirksverwaltungsbehörde unter Quarantäne gestellt wird, hat nach dem Epidemiegesetz weiterhin Anspruch auf sein laufendes Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). In diesem Fall hat der Arbeitgeber gegenüber dem Bund einen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten. Dies umfasst neben dem regelmäßigen Entgelt für die Zeit der Erwerbsverhinderung auch den vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteil an die Sozialversicherung (und einen allfälligen Zuschlag gemäß Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz). Der Anspruch auf Entschädigung kann vom Arbeitgeber binnen sechs Wochen vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde geltend gemacht werden. Eine Quarantäne ist rein arbeitsrechtlich betrachtet ein sonstiger Dienstverhinderungsgrund. Erst wenn feststeht, dass eine Erkrankung besteht, liegt auch ein Krankenstand vor.
Darf ein Arbeitnehmer aus Angst vor einer Infektion zuhause bleiben oder Dienstreisen verweigern?
Arbeitnehmer dürfen generell nur zuhause bleiben, sofern eine entsprechende Home-Office-Vereinbarung mit dem Arbeitgeber besteht, oder der Arbeitgeber eine vorübergehende Arbeit von zuhause aus ausnahmsweise erlaubt. Ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz ohne entsprechende Vereinbarung führt zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, von einer Verwarnung bis hin zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Auch ein generelles Recht des Arbeitnehmers, Dienstreisen zu verweigern, besteht nicht. Hier müsste man die einschlägigen Regelungen im Arbeitsvertrag ansehen. Aber auch ohne ausdrückliche schriftliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag besteht eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zum Antritt von Dienstreisen, soweit dies mit dem vereinbarten Berufsbild typischerweise verbunden ist und der Arbeitnehmer mit der Anordnung von Dienstreisen rechnen muss. Hat ein Arbeitnehmer Dienstreisen zu tätigen, so hat er nur dann ein Ablehnungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber, wenn er in ein konkret gefährdetes Gebiet reisen muss, für das eine Reisewarnung besteht - zum Beispiel für die italienischen Gemeinden Vò Euganeo, Codogno, Castiglione d’Adda, Casalpusterlengo oder die chinesische Provinz Hubei (zu finden auf der Homepage des Außenministeriums).
Im Sinne des Arbeitnehmerschutzes ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Mitarbeiter keiner körperlichen Gefahr auszusetzen. Nach dem momentanen Stand der Dinge kann ein Arbeitnehmer den Antritt einer Dienstreise, die nach Italien oder China geht (in eine nicht vom Coronavirus betroffene Region) wohl nicht pauschal verweigern. Allerdings ist auch hier auf den Einzelfall abzustellen, denn ein potenzielles Infektionsrisiko ist nicht für jeden Arbeitnehmer gleich. Nicht nur die Frage, wohin die Dienstreise führt, ist von Bedeutung, sondern auch, ob der Arbeitnehmer eine chronische Erkrankung aufweist, jedenfalls aber auch sein Alter.
Unser Rat an Arbeitgeber: Halten Sie sich an die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Bundesregierung, ziehen Sie eine Notfallplanung in Betracht und passen Sie diese Schutzmaßnahmen entsprechend an. Ist Home-Office eventuell eine Alternative für Ihren Betrieb? Der Schlüssel liegt darin, vorausschauend zu planen, damit Ihr Unternehmen gut vorbereitet ist.