Zum Hauptinhalt springen

Coronavirus: Ost-West-Gefälle wird immer deutlicher

Politik

Am Montag diskutiert die Regierung mit den Ländern die epidemiologische Lage. Die jüngste Entwicklung in Zahlen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Bundesregierung wird Anfang kommender Woche ihren Plan der Öffnungen mit den Landeshauptleuten in einer Videokonferenz evaluieren. Entscheidungen über weitere Lockerungen wird es, wie Samstag angekündigt wurde, nicht geben. Am Montag werden aber in Vorarlberg bereits die Lokale aufsperren (bis 20 Uhr) und Veranstaltungen abgehalten werden dürfen. Zudem wird österreichweit Nachwuchssport wieder ermöglicht, aber nur im Freien, in kleinen Gruppen (zehn Personen) und ohne Körperkontakt. In Vorarlberg dürfen die Gruppen etwas größer sein und zehn Personen auch drinnen Sport betreiben.

Ganz im Westen lag die Inzidenz am Samstag, also die Summe der Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner, wieder unter dem Wert 70. Auf der anderen Seite des Landes, in Wien, war die Inzidenz fast viermal so hoch, nämlich bei 261. Eine Erklärung für diese Disparität findet sich, wenn man über die Grenzen des Landes blickt.

Gegenwärtig sterben nirgendwo in Europa so viele Menschen an Covid-19 wie in Tschechien, der Slowakei und in Ungarn. Und zwar mit deutlichem Abstand. Dem gegenüber ist die Schweiz zu einem wahren Musterland geworden mit relativ niedriger Inzidenz. Das war Anfang November noch ganz anders und hat auch dazu beigetragen, dass Vorarlberg in Österreich an der Spitze lag.

Nach wie vor wird die Pandemie in Europa mit nationalen Maßnahmen zu kontrollieren versucht, während viele Menschen tagtäglich Staatsgrenzen überschreiten. Das ist zwischen der Schweiz und Vorarlberg nicht anders als zwischen Ungarn, Tschechien und der Slowakei und den östlichen Bundesländern. Der Versuch der Bundesregierung, die Maßnahmen zu regionalisieren, endet an den Grenzen Österreichs. Im Gegensatz zur Mobilität der Menschen.

Wenn die Inzidenz mehr als eine Woche bei über 400 liegt, müssen in den betroffenen Bezirken zusätzlich Maßnahmen getroffen werden. Dass in solchen Hochinzidenz-Regionen ab dem 27. März auch die Schanigärten aufsperren dürfen, ist epidemiologisch kaum zu argumentieren.

Das könnte etwa den Bezirk Perg in Oberösterreich betreffen, der am Samstag bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von 409 lag. Aber warum nicht Bezirke mit niedrigen Fallzahlen mehr öffnen? Obwohl Niederösterreich durch die starke Verbreitung der britischen Virusvariante mit hohen Fallzahlen zu kämpfen hat, liegt der Bezirk Amstetten bei einer Inzidenz von nur 91, also näher an Vorarlberg - epidemiologisch gesehen. Geografisch grenzt der Bezirk Amstetten jedoch an Perg. Das Beispiel illustriert die praktischen Grenzen der Regionalisierung.

Insgesamt entwickeln sich die Fallzahlen in Österreich etwas unter den Prognosen. Sie steigen nach wie vor, und bald werden rund 3.000 Neuinfektionen, wie für Donnerstag und Freitag gemeldet, täglich zu erwarten sein. Die Wachstumsrate hat sich zuletzt etwas eingebremst und immerhin 37 Bezirke wiesen in dieser Woche eine rückläufige Inzidenz auf. Die effektive Reproduktionszahl sank von 1,12 in der Vorwoche auf 1,09. Alles über dem Wert eins läuft dennoch auf einen Anstieg hinaus.

Bemerkenswert ist die Verschiebung der Altersverteilung. Durch die Rückkehr an die Schulen samt Tests dort ist der Anteil von unter 14-Jährigen an allen Neuinfektionen deutlich gestiegen, bei Älteren sinkt der Anteil. Dennoch steigt die Bettenbelegung auf den Intensivstationen stark an, da die britische Variante B.1.1.7 offenbar auch pathogener ist. Das heißt, sie verursacht häufiger schwere Verläufe. (sir)