Sach- oder Geldspenden an gemeinnützige Organisationen haben in Österreich Tradition. Dass Unternehmen bzw. deren Mitarbeiter aber auch ihre Zeit spenden, ist dagegen hierzulande weniger bekannt. Umso weniger hat es sich herumgesprochen, dass von dieser aus dem anglo-amerikanischen Raum stammenden Form der Zuwendung namens Corporate Volunteering alle Beteiligten profitieren können.
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Bei Corporate Volunteering handelt es sich um die Freistellung von Mitarbeitern in deren Arbeitszeit für eine Tätigkeit in einer Nonprofit Organisation (NPO). Das können verschiedenste Arbeiten vom ursprünglichen Tätigkeitsfeld des Mitarbeiters bis zu allerlei hilfreichen Handgriffen sein.
Eine Art der Zuwendung, die im KMU-geprägten Österreich vielleicht gar nicht so unüblich ist, jedoch kaum systematisch oder bewusst unter diesem Titel praktiziert wird, meint Petra Rösler von zwei:und:drei Corporate Citizenship Consulting. Ihr Unternehmen versteht sich als Schnittstelle zwischen NPOs und Unternehmen, die sich sozial engagieren wollen. Dementsprechend gibt es hierzulande wenig nennenswerte Beispiele für die Verleihung von Humanressourcen durch Betriebe.
Chance und Zusatzqualifikation
Wird Corporate Volunteering auf beiden Seiten jedoch gut vorbereitet, ergeben sich für Gemeinnützige wie für Unternehmen hohe Synergieeffekte, ist Florian Pomper, Geschäftsführer des NPO-Institutes der Wirtschaftsuniversität Wien, überzeugt. "Zunächst ist es eine Systemstörung, wenn die Mitarbeiter dann auf einmal dastehen - gleichzeitig aber eine Chance für alle", betont Pomper im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Was sich unter anderem im angloamerikanischen Raum zeigt, wo die Freistellung von Mitarbeitern langjährige Tradition hat. Bei Umfragen in Großbritannien hätten 94% der Unternehmen angegeben, dass Volunteering die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter erhöht, weiß Rösler. Gerade für Unternehmen, die in hartem Wettbewerb stehen und gute Führungskräfte suchen, ist Volunteering ein wichtiger Qualifikationsaspekt, betont auch Pomper.
Positive Erfahrungen hat man bei der Österreich-Dependance des Pharmariesen Baxter gemacht: Bei der Hochwasser-Katastrophe im vergangenen Sommer haben sich rund 100 Baxter-Mitarbeiter spontan zusammengetan, um vor Ort zu helfen. Dabei standen dann Mitarbeiter der verschiedensten Unternehmensbereiche nebeneinander in Gummistiefeln, um Schlamm zu schaufeln - und lernten so die KollegInnen von einer anderen Seite kennen, erzählt Baxter-Pressesprecher Frank Butschbacher. Fazit einer Mitarbeiterin der Personalabteilung nach dieser ad-hoc-Hilfsaktion: "Das spart uns teure Teambuilding-Seminare!"
Ein dauerhaftes Volunteering-Projekt unterhält Baxter mit einem Pensionistenwohnheim, in dem seit vergangenen Herbst etwa 7 Mitarbeiter regelmäßig verschiedenste Tätigkeiten verrichten. Weitere 8 arbeiten zumindest projektbezogen mit, zum Beispiel, wenn es im Heim eine Veranstaltung gibt, erzählt Baxter-Mitarbeiter Friedrich Tradinik, der den ersten Kontakt zum Heim hergestellt hat.
Diese Partnerschaft werde aber personell bewusst "auf kleiner Flamme gehalten", weil bezüglich Volunteering unter den Abteilungsleitern häufig Skepsis bestehe. "Keiner weiß, welche Ausmaße das annimmt, manche glauben, ihre Abteilung steht dann plötzlich leer", erzählt Butschbacher. "Das Projekt unterschreiben müssen die Abteilungsleiter", betont Pomper, wie wichtig es ist, auch das mittlere Management in die Planung von Corporate Volunteering einzubinden. Erst mit strategischer Vor-, aber auch Nachbereitung werde der Nutzen für alle Beteiligten erkennbar gemacht.
"Zeitspende" als Profit fürs Unternehmen
Wie viel Zeit "gespendet" wird, ist ganz unterschiedlich und kann häufig gar nicht genau festgemacht werden. Außerdem kann es auch vorkommen, dass Engagierte auch in ihrer Freizeit an einem Projekt weiter arbeiten wie Tradinik für "sein" Projekt bestätigt.
Auf rund 10% der Arbeitszeit schätzt Coverdale-Trainer Michael Quas das Ausmaß des Corporate Volunteering in seinem Unternehmen. Die Management-Beratung mit Sitz in Wien ist eine von weltweit insgesamt fünf Coverdale-Niederlassungen, die alle das Programm "Coverdale in Community" betreiben.
Im Rahmen dessen "spenden" die Berater Trainings und Workshops an Nonprofitorganisationen, zuletzt etwa an das Caritas-Hospiz am Rennweg. Für 15 Mitarbeiter aus den verschiedensten Arbeitsbereichen des Hospiz hielten zwei Coverdale-Trainer zwei Tage lang eine Fortbildung zum Thema Gesprächssituation und interne Kommunikation ab, erzählt Quas. Sollten die Trainings erfolgreich laufen, kann es sich schon ergeben, dass eine NPO weitere Workshops oder Schulungen nachfragt - so liegt der Gewinn für Coverdale nicht nur in der menschlichen Komponente. "Mit den Preisen kommen wir dann allerdings oft den NPOs entgegen", relativiert Quas.
Einen Zusatz-Nutzen ganz anderer Art sieht IBM in seinen Volunteering-Programmen: Im Rahmen der "MentorPlace-Projekte" stehen IBM-MitarbeiterInnen HAK-, HTL oder AHS-Oberstufen-Schülern als Mentoren für verschiedenste Projekte zu Verfügung, wo technischer Input gebraucht wird, berichtet IBM-Sprecher Christian Rothmüller. Das sei nicht nur motivierend für das eigene Personal - derzeit sind rund 20 Mitarbeiter eingebunden - sondern man könne auch gleich den einen oder andern Schüler ins Auge fassen, der später als Mitarbeiter für IBM in Frage komme. Eine Sonderform des Mentoring ist "Girls for IT", ein Projekt, für das einige IBM-Mitarbeiterinnen Schülerinnen in Einzelcoachings für Verfügung stehen.
Um die Abläufe der Volunteering-Projekte zu professionalisieren, entwickelt IBM laut Rothmüller gerade ein eigenes Tool, das helfen soll, interessierte Mitarbeiter nach Anforderungsprofilen einzuordnen uns zu registrieren.