Nach fast dreijähriger Verhandlung fällt am Freitag das Buwog-Urteil. Worüber entschieden wird und warum die Strafsache die Justiz noch Jahre beschäftigen könnte.
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Jahrelange Ermittlungen. Heerscharen an Zeugen. Berge an Strafakten. Dementi, Geständnisse, Widersprüche. All das fließt in das Buwog-Urteil ein. Am Freitag wird es vom Schöffensenat im Wiener Straflandesgericht verkündet. Damit findet ein Mammutprozess, der auf 168 Verhandlungstage kam, ein Ende. Ein Ende, an dem für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein Freispruch oder eine Verurteilung wartet.
Mehrere Wochen hat sich der Schöffensenat Zeit genommen, um die gigantische Masse an Beweisen zu würdigen. In vier Themenkomplexen entscheidet er über Schuld- oder Unschuld der insgesamt 15 Angeklagten.
Den größten Teil nimmt dabei die Buwog-Anklage ein. Grasser, Immobilienmakler Ernst-Karl Plech und die Ex-Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger sollen zu Beginn der schwarz-blauen Regierung einen Tatplan ausgeheckt haben, um bei Privatisierungen mitzuschneiden.
Paukenschlag durch Geständnis
In zwei Fällen sollen die Angeklagten dann zugeschlagen haben: Erstens bei der Privatisierung der Bundeswohngesellschaften im Jahr 2004. Laut Anklage gab der damalige Finanzminister Grasser Informationen aus dem geheimen Bieterverfahren über seine Komplizen an das später siegreiche Konsortium weiter. Dafür sollen sie Schmiergeld kassiert haben.
Für einen Paukenschlag sorgte zu Prozessbeginn Hochegger, der sich zu diesem Vorwurf schuldig bekannte. Er bestreitet aber, dass es einen Tatplan gegeben hat. Grasser, Plech und Meischberger dementieren sämtliche Vorwürfe. Sie halten Hocheggers Geständnis für einen PR-Gag.
Nicht schuldig bekennen sich hingegen alle Angeklagten zum zweiten Vorwurf der Buwog-Anklage: Auch bei der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower 2006 sollen Schmiergelder geflossen sein.
Der dritte Komplex dreht sich um die teilstaatliche Telekom: Sie soll Schmiergelder an Politiker und Parteien bezahlt haben. Ein Ex-Telekom-Manager wurde freigesprochen. Angeklagt sind weiter Hochegger, Meischberger und Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer. Zuletzt gibt es auch Betrugsvorwürfe gegen Meischberger: Er soll bei einem Zivilprozess gelogen haben, um die Räumung seiner Villa hinauszuzögern.
Mehrere Beschwerden möglich
Dass die Strafsache bereits in erster Instanz ihr rechtskräftiges Ende findet, ist unwahrscheinlich. Bei Schuldsprüchen ist damit zu rechnen, dass die Verteidigung eine Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof (OGH) erhebt. Gleiches gilt für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Falle eines Freispruchs der Angeklagten. Der OGH könnte die Schuld- oder Freisprüche bestätigen, aber auch den Prozess in erster Instanz erneut durchführen lassen.
Bestätigt der OGH die Schuldsprüche, könnte noch das Oberlandesgericht Wien über eine Berufung gegen die Strafhöhe entscheiden. Und zuletzt könnte der Fall noch auf die europäische Ebene gehen - bei einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er kann eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention feststellen: In diesem Fall könnte der OGH das Strafverfahren erneuern und nochmals durchführen lassen.
Zwei Runden bei Bawag-Prozess
Eine Wiederholung des Buwog-Prozesses würde Jahre in Anspruch nehmen. Erfahrung damit konnte die Justiz bereits beim Bawag-Prozess machen. Er startete im Juli 2007, ein Jahr später wurden alle Angeklagten verurteilt. Der OGH bestätigte im Dezember 2010 Teile des Urteils, hob es in anderen wichtigen Bereichen aber auf.
Im April 2012 ging der Prozess hinsichtlich der aufgehobenen Teile in die Wiederholung. Im Dezember 2012 folgte das zweite Urteil, mit teils anderen Ergebnissen als im ersten Durchgang. Für Spekulant Wolfgang Flöttl und andere Angeklagte, die in der ersten Runde noch schuldig gesprochen wurden, gab es Freisprüche.