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CT-Zukunft hat begonnen

Von Heiner Boberski

Wissen
Discovery CT750 HD heißt das in Österreich bisher einmalige neue CT-Gerät.

Mathematik und Medizin ermöglichen risikofreiere Einblicke in den Körper.


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Wien. Noch schärfere Bilder bei einer deutlich geringeren Strahlendosis - die Zukunft der Computertomografie (CT), die vereinzelt schon begonnen hat, verheißt Gutes. In einer Pressekonferenz zum Europäischen Kongress für Radiologie (1. bis 5. März 2012 im Wiener Austria Center) meldeten Experten einen großen Fortschritt auf dem Gebiet der bildgebenden Diagnostik, die zum Um und Auf der modernen Medizin gehört.

Die 1975, zunächst nur für Schädelaufnahmen, eingeführte CT ist, wie Werner Jaschke, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Radiologie ausführte, zu einer "Erfolgsstory" geworden. Die Anwendungen wurden auf den ganzen Körper ausgedehnt, die Zahl der damit untersuchten Patienten hat sich vervielfacht (beispielsweise in den USA von 1980 bis 2005 auf das Zwanzigfache, von drei auf 60 Millionen). Es erfolgte ein "Wandel vom Exoten zum Arbeitspferd der bildgebenden Diagnostik". Die Wachstumsrate an CT-Geräten, die immer preiswerter wurden und auch in weniger entwickelten Ländern immer mehr zum Einsatz kommen, ist ungebrochen.

Das Manko der CT wurde 2004 in einem Artikel im Fachmagazin "The Lancet" angesprochen: die zusätzliche Strahlenbelastung, die zur - regional unterschiedlichen (in Österreich etwa 2,4 Millisievert (mSv) betragenden - natürlichen Strahlenbelastung hinzukommt. Der Anteil radiologischer Untersuchungen am Krebsrisiko wurde mit 0,6 bis 1,8 Prozent, in Japan, einem Vorreiter auf diesem Gebiet, aber bereits mit 3 Prozent angegeben. Werner Jaschke: "CT-Untersuchungen machen acht Prozent aller Röntgenuntersuchungen aus, sie tragen aber zu mehr als 50 Prozent zur Strahlenbelastung bei." So lag es nahe, nach Möglichkeiten zu suchen , um die Kumulation von Strahlendosen durch häufige CT-Untersuchungen zu bremsen.

Auswertung dauert länger

Denn auf jeden Fünften entfallen immerhin 3 bis 20 mSv pro Jahr (20 mSv gelten als Jahres-Obergrenze für Erwachsene in strahlenexponierten Berufen). Im Durchschnitt sei aber die gesamte Strahlendosis in den letzten Jahren trotz der steigenden Zahl von CT-Anwendungen gleich geblieben, da die Strahlenbelastung pro Anwendung zurückgehe.

Das ist nun erst recht durch die neue CT-Technologie der Fall, mit der das neue Gerät Discovery CT750 HD ausgestattet ist, das in Österreich bisher nur, seit November 2011, in der Innsbrucker Uni-Klinik im Einsatz ist. Werner Jaschke: "Unsere Entscheidung für das neue Ultra-Low-Dose-Gerät fiel in Nachfolge eines veralteten CTs im Bereich der Traumaversorgung, da dort sehr viele junge und jüngere Patienten mit eventuell höherer Strahlensensibilität versorgt werden."

Johan de Mey, Radiologievorstand am Universitätsspital Brüssel (Belgien), der schon seit März 2011 Erfahrungen mit dem neuen Gerät sammelt, erklärt, vor allem Kinder und Jugendliche, die sich aufgrund bestimmter Erkrankungen (etwa zystischer Fibrose, einer Stoffwechselstörung, die chronische Entzündungen hervorruft) regelmäßigen CT-Untersuchungen unterziehen müssen, seien die erste Zielgruppe für das neue teure CT-Gerät (es kostet über zwei Millionen Euro, ein herkömmliches etwa eine Million Euro).

Die Berechnung eines CT-Bildes - die Grundlagen dafür lieferte schon 1917 der österreichische Mathematiker Johann Radon - erfolgte früher im Einzelschicht-, später im Zeit einsparenden Multischichtverfahren. In den neuen Geräten arbeitet man mit neuen mathematischen Algorithmen (iterative Rekonstruktion). Das darauf basierende sogenannte VEO-Verfahren ermöglicht die Berechnung von diagnostisch aussagekräftigen Bildern - solche seien wichtiger als "schöne Bilder", erklärt der Wiener Radiodiagnostiker Franz Kainberger - mit einer 30- bis 50-prozentigen Strahlenreduktion. Der Nachteil sind derzeit noch wesentlich längere Rechenzeiten von bis zu einer Stunde.