Meine Anfragen, der von mir initiierte Rechnungshofbericht sowie die Ergebnisse einer Recherchekooperation bauten Druck auf: Wie Finanzminister Hartwig Löger binnen fünf Monaten 183 Millionen Euro Schaden eingestehen musste.
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Erst im Oktober 2018, also vor fünf Monaten, schrieb ich an dieser Stelle über den Cum-Ex-Steuerbetrug - über den für Österreich entstandenen Schaden und darüber, wie Finanzminister Hartwig Löger alles in seiner Macht Stehende unternahm, um diesen kleinzureden, ja gar zu vertuschen. Noch Mitte Oktober beharrte Löger auf der Position, die er auch in Beantwortungen meiner parlamentarischen Anfragen vertrat: Es sei noch kein Schaden evident. Offenbar hatte der Finanzminister Anleihen bei "Schrödingers Katze" genommen: Solange wir uns die Betrugsfälle nicht ansehen, können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass ein Schaden entstanden ist.
Das sollte sich im Dezember 2018 schlagartig ändern. Meine Anfragen, der von mir initiierte Rechnungshofbericht sowie die Ergebnisse der Recherchekooperation "CumEx Files" bauten erheblichen Druck auf und bewirkten, dass das Löger’sche Spiel des Totschweigens ausgespielt war. Erstmals gestand er jenen Schaden von sechs Millionen Euro ein, den der Rechnungshof identifiziert hatte und stellte für März 2019 einen Schadensbericht in Aussicht. Schon damals fand ich diese Bezugsgröße äußerst skurril, da die Zahl des Rechnungshofes nur auf einzelnen Stichproben basierte. Ich vermutete schon seit längerem einen Gesamtschaden in dreistelliger Millionenhöhe.
Am 7. März präsentierte Löger ein Steuerbetrugsbekämpfungspaket. Fast schon nebenbei gab er auch die vermeintliche Schadenssumme des Cum-Ex-Skandals bekannt: 108 Millionen Euro für die Jahre 2011 bis 2013. In derselben Pressekonferenz, in der Löger das Ergebnis seines eigenen fehlgeschlagenen Vertuschungsversuchs veröffentlichte, spielte er sich zum Feuerwehrmann der Steuerbetrugsbekämpfung auf. Zynischer geht es nicht mehr. Aber es sollte sich zeigen, dass der Öffentlichkeit selbst zu diesem Zeitpunkt noch kein reiner Wein eingeschenkt wurde. Ich wollte wissen, was es mit den Jahren vor 2011 auf sich hatte, da die Betrügereien schon davor begannen. Daher forderte ich Löger auf, alle Daten, die nicht für die Strafverfolgung sensibel sind, öffentlich zu machen.
Eine Woche später wurde im Finanzausschuss klar, warum der Finanzminister kein Interesse daran hatte. Ganz beiläufig gab er zu: Alle Fälle vor 2011 sind verjährt. Der Schaden kann daher nur grob geschätzt werden, eine Rückforderung ist nicht mehr möglich. Für die Jahre 2006 bis 2010 ergeben sich dadurch zusätzlich rund 75 Millionen Euro. Das macht in Summe einen Schaden von 183 Millionen Euro, vermutlich war er viel höher. Davon war eine Woche davor noch keine Rede. 75 Millionen Euro an Steuergeldern sind aufgrund jahrelanger Untätigkeit von sieben ÖVP-Finanzministern wohl für immer verloren, und Löger war das keine Erwähnung wert, solange der Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf ihn strahlte. Damit beweist er eines: Trotz Quereinstieg lernte er schnell. Zumindest, wenn es darum geht, das Versagen seiner Vorgänger und die politische Verantwortung zu vertuschen. Wenn es sein muss, bis zur letzten Sekunde.
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