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Da bleibt selbst Nacktheit keusch

Von Judith Belfkih

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Papst Franziskus und der iranische Präsident Hassan Rohani im Vatikan. Schlussbild nach dem Treffen der beiden für die Presse. Mit iranischer Delegation. Man lächelt dezent. An der Wand im Hintergrund ein Ölgemälde. Großer Schinken mit üppigem Goldrahmen. Mit drei tanzenden Grazien. Ebenfalls recht üppig. Wie Gott sie schuf. Nackt.

Ein Bild, das dieser Tage im Internet auftauchte. Im Gefolge der Diskussionen um nackte antike Statuen, die beim Besuch Rohanis in den Kapitolinischen Museen verhüllt worden waren.

Dass es sich beim Bild mit dem Papst um eine Fotomontage handelt, ist schnell klar. Der Heilige Vater würde wohl einen anderen Platz für sein Betpult wählen als unter den Damen. Im nicht bearbeiteten Foto findet sich dann auch eine Christus-Darstellung an besagter Wand.

Das Interessante an dieser Geschichte ist nicht unbedingt die Montage, sondern dass man dem Papst dieses Foto zugetraut hätte.

Allein sein Amt macht ihn moralisch über alle Zweifel erhaben. In Gegenwart des Papstes bleibt selbst Nacktheit keusch. Eine derart deutliche wie subtile Botschaft an die vorauseilende, bigotte und letztlich heuchlerische Diplomatie hätte man ihm allemal zugetraut. Oder sich zumindest gewünscht. Im Sinne einer Begegnung auf Augenhöhe. Vom fröhlichen Schalk in seinen Augen gar nicht zu sprechen.

Doch noch etwas unterscheidet den Papst von den römischen Verhüllern: Wer auch immer es war, er wird wohl nicht nur die religiösen Empfindungen Rohanis vor Augen gehabt haben. Sondern auch die Millarden-Verträge, die in Rom unterzeichnet wurden.