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"Da hilft nur noch ein Exorzist"

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Einfluss der Politik bei Alitalia schreckt auch manchen willigen Partner ab.


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Rom. Maurizio Prato, damals Chef der Alitalia, hat es schon 2008 gewusst: "Nur noch ein Exorzist kann diese Fluglinie retten." Fünf Jahre nach der damaligen Privatisierung braucht die neuerlich nahezu bankrotte Airline immer noch einen Wunderheiler. Denn die nach wochenlangem Hin und Her zuletzt doch noch mit Müh und Not aufgestellte Kapitalerhöhung um 300 Millionen Euro verschafft Alitalia lediglich eine Verschnaufpause von maximal einem halben Jahr. Nach jahrelanger Misswirtschaft und immer neuen Finanzspritzen sitzt die einst stolze Gesellschaft auf einem Schuldenberg von mehr als 800 Millionen Euro und fliegt täglich Verluste von rund 700.000 Euro ein.

Ein starker Partner muss gefunden werden, der investiert , da sind sich die Analysten einig. Auch darüber, dass die zuletzt angekündigten Einsparungen von 295 Millionen Euro - erreichbar vor allem durch den Abbau von fast 2000 der zuletzt noch 14.000 Arbeitsplätze und Kürzungen bei den Top-Gehältern - bei weitem nicht reichen werden. Bis zu drei Milliarden müssten wohl investiert werden, um die Linie in die schwarzen Zahlen zu führen, die sie zuletzt 2002 und insgesamt überhaupt nur sehr selten in ihrer 67-jährigen Geschichte erreichte.

Aber die Wunderheiler sträuben sich, ans Krankenbett zu eilen. Der langjährige Großaktionär Air France/KLM zieht bei der Kapitalerhöhung nicht mit und nimmt in Kauf, dass sein Anteil von 25 auf 7 Prozent verwässert wird - in der jüngsten Bilanz haben die Franzosen den Wert der Alitalia-Beteiligung ohnehin schon zur Gänze abgeschrieben.

Bevor schließlich unter anderem die staatliche italienische Post - die übrigens ein eigenes Luftfahrtunternehmen mit zwei Frachtflugzeugen ihr Eigen nennt - mit an die 70 Millionen einstieg, hatten der Reihe nach alle möglichen von der Regierung in Rom via Medien ins Spiel gebrachten Partner abgesagt - von der deutschen Lufthansa bis zur russischen Aeroflot und der italienischen Staatsbahn (FS).

"Alitalia ist eine Ressource für Italien, doch wir sind nicht an einem Einstieg interessiert", erklärte FS-Chef Mauro Moretti. Die Staatsbahn, die nach der Sanierung in den vergangenen Jahren ein Vermögen von 34 Milliarden Euro und einen Jahresgewinn von 380 Millionen Euro vorweist, präsentierte diese Woche eine Rekordbilanz mit starker Passagierzunahme vor allem auf Hochgeschwindigkeitsstrecken wie Mailand-Rom - mit dem "Frecciarossa" beschleunigt sie den Niedergang der fliegenden Konkurrenz.

Nur Abu Dhabi und Ryanair bleiben noch übrig

Lediglich die arabische Fluglinie Etihad spielt Insidern zufolge noch den Einstieg bei der notleidenden Alitalia durch und nimmt im Datenraum die Geschäftsbücher unter die Lupe. Eine Entscheidung könnte schon vor Weihnachten fallen. Aber die rasant wachsende Fluglinie aus dem Golfemirat Abu Dhabi, die sich unter anderem bei der Niki-Mutter Air Berlin eingekauft hat, könnte nach EU-Regeln nur eine Minderheitsbeteiligung von maximal 49 Prozent erwerben.

Und auch der irische Billigflieger Ryanair hat erneut seine Bereitschaft signalisiert, einzusteigen. "Sollte man uns bitten, uns an der Kapitalaufstockung zur Rettung der Airline zu beteiligen, würden wir das Offert prüfen", erklärte Ryanair-Chef Michael bei der Vorstellung des neuen Stützpunktes seiner Airline auf dem römischen Flughafen Fiumicino. Sein erstes Angebot zur Zusammenarbeit war umgehend abgelehnt worden.

"Alitalia ist von der Politik und den Gewerkschaften ruiniert worden. Wir hoffen, dass sich die Lage bessert, doch wir sind bereit, die Binnenflüge zu ersetzen, die Alitalia kürzen sollte", sagte O’Leary. "Bei Ryanair haben wir in 30 Jahren nur einen einzigen Streik gehabt. In Italien ist es nicht so und deshalb ist Alitalia so geendet. Ein Geschäft, das von Politik und Gewerkschaften beeinflusst wird, ist zu Verlusten verurteilt", meinte O’Leary.

"Alitalia - die Fluglinie des Vatikans, seit überhaupt der erste Papst jemals ein Flugzeug bestieg, die Airline, die ihr Personal vom Nobelschneider Armani einkleiden und per Taxi zwischen Wohnung und Arbeitsplatz chauffieren ließ - ist schon lange nicht mehr Italiens nationaler Stolz", sagt Analyst James Halstaed von der britischen Beraterfirma Aviation Strategy zur Agentur Reuters: "Sie ist eine nationale Schande und das schon seit Jahren." Das Problem ist auch laut Halstead der Einfluss der Politik. Solange diese mitmischt, wird sich kein Investor finden, obwohl durchaus attraktive Assets vorhanden sind: Europas viertgrößter Reisemarkt, 24 Millionen Fluggäste pro Jahr und attraktive Slots auf den italienischen Flughäfen.

Deshalb hat auch der Langzeit-Verlobte Air France-KLM noch nicht alle Hoffnung aufgegeben, beim strategisch interessanten italienischen Sky-Team-Allianzpartner doch noch einzusteigen. "Aber nicht um jeden Preis", wie Alexandre de Juniac, Chef der selbst ein hartes Restrukturierungsprogramm fahrenden französisch-holländischen Gruppe, betont. Eigentlich kann er sich in Ruhe zurücklehnen und abwarten. Denn immer mehr Italiener fordern "Exorzismus": "Warum lässt man Alitalia nicht in Konkurs gehen, damit sie nach dem Vorbild Swissair danach wirklich saniert werden kann?"