Nicht alle in der SPÖ sind mit dem geplanten Ablauf der Mitgliederbefragung einverstanden.
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Die SPÖ wollte am Dienstag wieder inhaltliche Pflöcke einschlagen. Vizeklubchef Jörg Leichtfried erinnerte in einer Pressekonferenz an das Ultimatum der SPÖ, das man der Bundesregierung bis Ende März gestellt habe und bei der Nationalratssitzung am Mittwoch wieder thematisieren möchte. Es gehe darum, die "ungerechte, unsachliche und höchstwahrscheinlich verfassungswidrige Pensionsaliquotierung abzuschaffen". Zudem wolle seine Partei versuchen, die Mietpreisbremse doch noch auf Schiene zu bringen.
Die anwesenden Journalisten waren aber mehr an Mitgliederbefragung als an Mietpreisbremse interessiert. Die Parteimitglieder der Sozialdemokraten sollen ja zwischen 24. April und 10. Mai befragt werden, wen sie als geeignete Person an Spitze der Partei sehen. Neben Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler haben weitere 67 Männer und drei Frauen erklärt, sich auch um den Parteivorsitz bewerben zu wollen. Leichtfried glaubt nicht, dass allzu viele Kandidaten um den Parteivorsitz im Vorfeld ausscheiden werden: "Die meisten, die sich beworben haben, sind motiviert und werden imstande sein, die Forderungen zu erfüllen."
30 Stimmen für Kandidatur
Dass man jetzt doch 30 Unterstützungserklärungen von Parteimitgliedern vorlegen soll, stört den Vizeklubchef nicht. Dies sei ein gutes Mittel, um zu zeigen, ob die Person eine entsprechende Einbindung in die SPÖ hat, aber auch eine Anzahl, die von nicht-prominenten Bewerbern erfüllt werden könne. Er folgt damit der offiziellen Kommunikationslinie der Bundespartei. Deren Geschäftsführer, Christian Deutsch, hatte bereits am Montag vor Parteipräsidium und -vorstand erklärt, die Befragung der Parteimitglieder sei die "Erhebung eines Stimmungsbildes". Von den Parteioffiziellen wird die Befragung gelobt. "Ich bin mit dem Endergebnis sehr zufrieden", sagt etwa das Wiener Vorstandsmitglied Harry Kopietz. Er ist auch Leiter der Wahlkommission, die nach Doskozils geäußerten Zweifeln an ihrer Unabhängigkeit unter notarielle Aufsicht gestellt wurde.
Anders sieht es ein Mitglied des Bundesvorstandes, das nicht zum Rendi-Wagner-Lager zählt: "Ich hätte mir gewünscht, dass das Ergebnis der Befragung ein bindendes ist. Dass also der mit den meisten Stimmen automatisch dem Parteitag zur Wahl vorgeschlagen wird." Dies sei aber mehrheitlich abgelehnt worden. Die Mitgliederbefragung sei "ein Kompromiss, der nach einer sechsstündigen Debatte stattgefunden hat." Begeisterung hört sich anders an.
Hier stellt sich die Frage, wie nach außen kommuniziert wird, wenn die Siegerin oder der Sieger der Befragung nur rund 30 Prozent der Stimmen erhält, im Umkehrschluss von 70 Prozent der abstimmenden Parteimitglieder als für Parteivorsitz und Spitzenkandidatur als nicht am besten geeignet gesehen wurde. Vorstandsmitglied Kopietz sieht darin kein Problem: "Rendi-Wagner und Doskozil haben von sich aus festgestellt, sollten sie an zweiter Stelle liegen, nicht beim Parteitag kandidieren zu wollen."
"Nicht klar, was man will"
Traiskirchens Stadtchef Babler ließ sich bislang nicht darauf festnageln, als Unterlegener auf eine Kandidatur am Parteitag am 3. Juni zu verzichten. Mit dem Prozedere der Befragung ist er nicht glücklich. "Bis heute ist nicht klar, was man eigentlich will. Das ist nicht demokratisch zu Ende gedacht mit fixen Regeln", erklärte er im TV-Sender "Puls 24". "Ich glaub, da kann niemand zufrieden sein. Das könnte man besser vorbereiten." Die Befragung sei "stark dominiert von machttaktischen Erwägungen".
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Deutsch betonte am Montag in der "Zeit im Bild 2", dass "die Mitgliederbefragung keine Verpflichtung sein kann für den anschließenden Parteitag". Es können am 3. Juni, wenn die rund 600 Delegierten der SPÖ zusammentreffen, auch jene für den Parteivorsitz kandidieren, die bei der Befragung schlecht abgeschnitten oder gar nicht daran teilgenommen haben.
Kein gutes Haar lassen die Politik-Kommentatoren an Planung und Umsetzung der Mitgliederbefragung. Der Hauptschuldige für die Beobachter: Christian Deutsch. So analysiert der Journalist Josef Votzi auf "Puls 24": "Für sein fatales Miss-Management wäre Christian Deutsch in jedem Unternehmen längst gefeuert worden." "Die derzeitige SPÖ-Geschäftsführung kann ihren Job nicht, oder sie macht ihn nicht.", analysiert wiederum "Der Standard".
Bei den politischen Mitbewerbern wird der Streit um den SPÖ-Vorsitz mit Staunen verfolgt. Mit Häme reagierte FPÖ-Chef Herbert Kickl auf die Turbulenzen bei den Sozialdemokraten. In einer Pressekonferenz sprach er von einer "Muppetshow" und richtete an verbliebene SPÖ-Wähler das Angebot, "ein Stück des Weges mit der FPÖ zu gehen".