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Dacia: Auto der Widersprüche

Von WZ-Korrespondent Denis Meraru

Wirtschaft

Erfolg im Ausland - Einbruch in der Binnennachfrage. | Produktion steht ab 20. November still. | Bukarest. Der rumänische Autohersteller Dacia ist ein Musterbeispiel dafür, wie freie Marktwirtschaft und Auswirkungen der globalen Krise ein Unternehmen in Bedrängnis bringen können, das einen Erfolg nach dem anderen meldet. Dacia gehört zum französischen Renault-Konzern. Der Fokus liegt bei preiswerten, geräumigen Autos wie dem Dacia Logan, ohne irgendwelchen Schnickschnack. Und das Unternehmen hat damit beachtliche Export-Erfolge. Während der weltweite Verkauf von Autos im Oktober um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken ist, meldete Dacia eine Exportsteigerung in die europäischen Länder rum 20 Prozent. Gegenüber 2007 war dies eine Zunahme um 125 Prozent. Allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres steigerte Dacia seine Verkäufe in Europa um 43,7 Prozent. Noch im Oktober wurden 23.794 Autos exportiert, seit Jahresbeginn 142.124. Davon gingen die meisten nach Frankreich: 35.329 Stück, gefolgt von Deutschland mit 21.164 Autos.


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Dennoch schließt das rumänische Herstellerwerk ab Ende November für drei Wochen. Grund ist der drastische Absatzrückgang im eigenen Land. Die 110.000 Beschäftigten müssen vom 20. November bis zum 7. Dezember Däumchen drehen. Da es dem Unternehmen ja - eigentlich - gut geht, erhalten sie in dieser Zeit 85 Prozent ihres Bruttolohnes. Als Begründung für die Werkschließung nennt Dacia den "brutalen Einbruch" auf den Automärkten.

Second-Hand Dacia

Der rumänische Binnenmarkt gerät aufgrund der Kreditverknappung ins Stocken. Das wirkt sich direkt auf die Autoverkäufe aus - 60 Prozent aller Dacia-Verkäufe sind kreditfinanziert.

Hinzu kommt, dass das im Ausland erfolgreiche Modell Logan in großen Stückzahlen re-importiert wird - und zwar als Gebrauchtwagen. In den ersten neun Monaten waren 43 Prozent aller in Rumänien verkauften Autos importierte Gebrauchtwagen. Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil bei nur 27 Prozent.

Der Dacia Logan wird in andere Länder exportiert, was dem Unternehmen gute Gewinne einbringt. Im Ausland wird der Wagen einige Jahre gefahren und kommt dann zurück nach Rumänien, wo er wegen des geringeren Preises seine Käufer findet.

Dass der Dacia Logan im Ausland wie in Rumänien - neu oder gebraucht - so einen Erfolg hat, begründet Dacia-Fan Dumitru Marinescu so: "Das ist ein perfektes Auto für eine normale Familie. Der Preis ist gut, er ist geräumig und es gibt ein dichtes Werkstattnetz. Die Ersatzteile sind ebenfalls preiswert, verglichen mit denen deutscher oder französischer Autos." Da Dacia zu Renault gehört, gibt es ein gutes Händlernetz und ausreichend Ersatzteile.

Dumitru fährt seit 1981 Dacia-Autos. Im vergangenen Jahr hat er sich einen Logan gekauft. Der Dacia-Fan glaubt zu wissen, dass das Unternehmen die weltweite Auto-Krise gut überstehen wird. "Alle Leute reden jetzt von der Krise. Das ist gut für Dacia, denn die Leute wollen billige Autos, wie den Logan. Die Jungs von Renault waren sehr schlau, als sie nach Rumänien kamen und Dacia übernahmen."

Der Dacia-Liebhaber mag Recht behalten. Immerhin will das Unternehmen in diesem Jahr 270.000 Autos bauen. 2007 waren es erst 229.000 Stück. Geplant waren zwar 310.000, aber das lässt sich nicht mehr verkaufen. Also schickt man die Belegschaft in den Urlaub und produziert nur so viel, wie man verkauft.