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Dagegenhalten in Davos

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Online-Abstimmung bis Donnerstag, 26. Jänner, Mitternacht.


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Davos/Wien. KPMG. Walt Disney. Novartis. WalMart. Citigroup. Die "Hall of Shame" des Public Eye Award ist gepflastert mit illustren Namen: Internationale Konzerne, die sich in den letzten 12 Jahren besondere Verfehlungen geleistet haben.

Seit dem Jahr 2000 wird der "Public Eye Award" vergeben - und zwar dort, wo sich die Wirtschaft Jahr für Jahr ein Stelldichein gibt: in Davos, beim World Economic Forum. Vergangenes Jahr wurde per Online-Abstimmung dem finnischen Konzern Neste Oil der Publikumspreis zugesprochen - für seine "Verdienste", die Palmöl-Produktion auszuweiten, die in Indonesien und Malaysia zu immer mehr Landvertreibungen und Regenwaldzerstörung geführt hatten. Gebracht hat der Protest in diesem Fall wenig, die AUA-Mutter Lufthansa verwendet seit Juli 2011 den Biotreibstoff von Neste Oil (die "Wiener Zeitung" berichtete). Dafür war die Öffentlichkeit des Public Eye Award mit ein Grund, weshalb die Berner Kraftwerke schließlich darauf verzichtet haben, im Ausland ein Kohlekraftwerk zu bauen. "Auch wenn es sich hier natürlich beim Award nur um ein Mosaiksteinchen in einem Puzzle handelt", meint Yves Zenger, Sprecher von Greenpeace Schweiz, einer der Trägerorganisationen von Public Eye.

Der Negativ-Award ist international die einzige Plattform, der sich um ein derart breites Spektrum von sozioökonomischen Auswirkungen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen kümmert. Verschiedene NGOs nominieren aus ihrem Bereich Unternehmen - dieses Jahr wurden etwa 40 Firmen ins Spiel gebracht - 6 davon kamen auf die Short List. Bis Donnerstag, den 26. Jänner, Mitternacht, kann man im Internet abstimmen, welches Unternehmen sich den Award verdient hat.

Derzeit führt der japanische Energieerzeuger Tepco das Rennen an. "Tepco hat wider besseres Wissen aus Kostengründen die bauliche Sicherheit seiner Atomkraftwerke stark vernachlässigt", und habe so die Atomkatastrophe in Japan in Kauf genommen. Um das Unternehmen Tepco ist es, nach dem Austausch des Managements, recht still geworden. Dazu passt, dass es heuer das einzige Unternehmen ist, dass auf die Benachrichtigung der Nominierung für den Public Eye Award mit keiner Stellungnahme reagiert hat. Genau gegen diese Taktik des Schweigens und Vergessens kämpft Public Eye.

Neben Tepco auch Barclays, Syngenta und Samsung

Neben Tepco ist dieses Jahr die britische Großbank Barclays nominiert, für Nahrungsmittelspekulationen, daneben der US-amerikanische Minenkonzern Freeport (Missachtung von Umweltschutz), der südkoreanische Mischkonzern Samsung (Verwendung hochgiftiger Stoffe, die laut Public Eye zur Krebserkrankung von mindestens 140 Arbeitnehmern geführt haben), der Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta (Verschmutzung von Wasser), und der brasilianische Minenkonzern Vale (für dessen Beteiligung am Staudammprojekt Belo Monte im Amazonas-Gebiet). Auch wenn die Konzerne in ihren Stellungnahmen oft von "Diffamierung" sprechen, so hat noch keines die Negativ-Publicity einer Klage auf sich genommen.

Damit der Scheinwerfer nicht nur auf bekannte Unternehmen fällt, wird inzwischen auch ein Jury-Preis vergeben. Denn online wählt vor allem die westliche Zivilgesellschaft für jene Unternehmen, die bekannt sind. Doch jene Konzerne, die es geschafft haben, außerhalb der Presse zu bleiben, zumeist, weil sie in versteckten Ecken der Welt operieren und die NGOs vor Ort nicht mächtig genug sind, um weltweit eine Kampagne anzuzetteln, werden auch gewürdigt - von der Jury. Dieses Jahr könnte es Freeport werden, der seit 45 Jahren die weltgrößte Gold- und Kupfermine in West-Neuguinea betreibt.

www.publiceye.ch/de/vote/