Gabriela Mosers Erinnerungen an den Korruptionsuntersuchungsausschuss.
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Wien. Sieben Monate ist es her, dass der Korruptions-U-Ausschuss von SPÖ und ÖVP vorzeitig beendet wurde. Davor hatte das Untersuchungsgremium des Nationalrats ein Jahr lang getagt, um Licht in die Affären um Telekom, Buwog, Blaulichtfunk, Ministerieninserate, Glücksspielmonopol und Staatsbürgerschaftsvergabe zu bringen.
Die nackten Zahlen zum 19. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik: Zwischen 20. Oktober 2011 und 16. Oktober 2012 gab 53 Sitzungstage mit 331 Tagungsstunden, in denen 132 Auskunftspersonen 163-mal befragt wurden. Einen Abschlussbericht aller Fraktionen gibt es allerdings nicht. Wer etwas Schriftliches dazu will, muss entweder in die Zeitungsarchive oder sich den Abschlussbericht der Grünen zu Gemüte führen. Oder man greift zu "Die Akte U - Das Protokoll des Untersuchungsausschusses", das die grüne Abgeordnete Gabriela Moser gemeinsam mit Katharina Schmidt, Innenpolitikredakteurin bei der "Wiener Zeitung", gestern, Montag, veröffentlicht hat.
Das Erbe der schwarz-blauen Privatisierungen
Darin gewährt Moser Einblicke in das, was sie in den vergangenen 13 Jahren politisch wohl am meisten beschäftigt hat: die Privatisierungen unter Schwarz-Blau, die gleich mit dem Amtsantritt der ÖVP-FPÖ-Koalition einsetzten. Anfangs noch ein leiser Verdacht, wurde mit den Jahren immer klarer, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war. Vor allem dem skandalträchtigen Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) im Jahr 2004 um 960 Millionen Euro (letztlich entgingen der Republik Einnahmen von mindestens 200 Millionen Euro) räumt Moser umfangreichen Platz ein.
Doch "Die Akte U" verschafft dem Leser nicht nur einen inhaltlichen Überblick über die verschiedenen Themen des U-Ausschusses, sondern gibt auch interessante Einblicke in das Gremium selbst und seine Funktionsweisen. In diesem war spätestens ab Sommer 2012 die konsensuale Zusammenarbeit der Fraktionen passé. Zuerst wurde Moser als Ausschussvorsitzende durch Walter Rosenkranz (FPÖ) ersetzt, dann der Ausschuss abgedreht.
"SPÖ und ÖVP hatten dafür mehrere Gründe: Das Gedächtnis der Wählerschaft ist kurz, also wollten sie für einen möglichst großen zeitlichen Abstand zur nächsten Nationalratswahl sorgen", heißt es dazu im Buch. "Die Akte U" lässt nun diesen zeitlichen Abstand nicht zu groß werden.
"Rückblick, aber auch Ansporn und Anstoß"
Doch Moser geht es noch um etwas anderes: "Das Buch soll nicht nur Rückblick sein, sondern auch Ansporn und Anstoß, endlich das Anti-Korruptions-Werk zu vollenden", erklärte sie am Montag vor Journalisten. So habe der U-Ausschuss eine "Gesetzeslawine" ausgelöst (Medientransparenzgesetz, Parteienfinanzierung, Anfütterungsverbot für Abgeordnete etc.), auch in der Staatsanwaltschaft wehe jetzt ein anderer Geist. Allerdings kritisiert die Grün-Politikerin, dass etwa U-Ausschüsse noch immer kein Minderheitenrecht sind. Auch sollen Regierungsmitglieder bei Anfragebeantwortungen im Parlament künftig unter Wahrheitspflicht stehen, so Moser.