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Damit in Bella Italia kein Salto mortale passiert

Von Johannes Barbist und Ivo Rungg

Wirtschaft

Ist italienisches oder österreichisches Recht günstiger? | Und welche ist die richtige Rechtsform? | Wien. Italien ist traditionell einer der wichtigsten Handelspartner der österreichischen Unternehmen. Kein Wunder, bietet doch der italienische Markt mit fast 60 Millionen Konsumenten und dem viertgrößten BIP in Europa ein enormes Potenzial, und das sozusagen auch noch unmittelbar vor der "Haustür". Worauf ist aber bei einem wirtschaftlichen Engagement bei unserem Nachbarn zu achten, damit das Abenteuer Italien kein Himmelfahrtskommando wird?


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Überlegen Sie immer, ob Ihr Vertrag dem österreichischen oder dem italienischen Recht unterliegen soll. Jeder heimische Unternehmer bevorzugt das ihm bekannte österreichische Rechtssystem und entschließt sich daher oft (vorschnell), seine Verträge dem österreichischen Recht zu unterstellen. Dies muss aber nicht immer vorteilhaft sein. Ein Beispiel: Der Vertriebshändler hat nach der italienischen Entscheidungspraxis keinen Ausgleichsanspruch bei Vertragsbeendigung. Hingegen gewähren die österreichischen Gerichte in bestimmten Fällen sehr wohl eine solche Kündigungsentschädigung. Mit der Wahl "seines Rechts" kann sich der österreichische Unternehmer also (unbewusst) in eine ungünstigere Rechtsposition manövrieren.

Dem Thema Rechtswahl sollte daher bei der Ver-tragserstellung eine entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt werden. Trotzdem ist zu beachten, dass eine Flucht aus dem italienischen Recht in einigen unabdingbaren Bereichen ohnehin nicht möglich ist (etwa beim Kartell-, Steuer- oder Arbeitsrecht).

Prozesse können lange dauern in Italien

Welche ist die optimale Rechtsform für meine italienische Tochtergesellschaft? Was für Österreich gut sein mag, muss es für Italien noch lange nicht sein. Oder anders gesagt: Entscheide die Rechtsform einer Tochtergesellschaft in Italien nicht auf Basis des Wissens um das österreichische Gesellschaftsrecht. Ein Beispiel: Die Gründung einer italienischen Personengesellschaft ist im Konkursfall gefährlich, da das italienische Konkursurteil über eine Gesellschaft mit unbeschränkt haftenden Gesellschaftern automatisch auch den Konkurs dieser (auch nicht-italienischen) Gesellschafter begründet.

Dieses Risiko hat aber sogar der Alleingesellschafter einer italienischen AG oder GmbH, wenn das Gesellschaftskapital nicht voll eingezahlt oder die Alleingesellschafterstellung entgegen der Rechtslage nicht zum italienischen Handelsregister angemeldet wurde.

Stichwort: Flexiblere Arbeitsmodelle. Zur Ankurbelung des italienischen Arbeitsmarktes hat Italien eine Reihe innovativer, flexiblerer Arbeitsmodelle eingeführt, die auch für heimische Unternehmen interessant sein dürften: Insbesondere Jobsharing (zwei oder mehrere Arbeitnehmer erbringen eine einzige Arbeitsverpflichtung in ihrer alleinigen Verantwortung) und Job on call (der Arbeitnehmer steht auf Abruf zur Verfügung und erhält dafür eine Verfügbarkeitsentschädigung).

Mit guter Vorbereitung ist alles möglich

Gerichtsprozesse in Italien können lange dauern. Italien ist nicht gerade ein Paradebeispiel für ein rasches und effizientes Gerichtssystem. In den letzten Jahren hat es zwar Initiativen zur Verfahrensbeschleunigung gegeben. Trotzdem werden in Italien alternative Streitbeilegungsmechanismen (Mediation, Schiedsverfahren) immer populärer, was auch für heimische Unternehmen durchaus sinnvoll sein kann.

Nach Möglichkeit sollte die vertragliche Geschäftsbeziehung daher so gestaltet werden, dass man sich im Fall eines Gerichtsstreits in der Beklagtenrolle (und damit im Regelfall vor einem österreichischen Gericht) befindet.

Im Einzelfall ergeben sich viele weitere "watch-outs", welche jedoch bei richtiger Vorbereitung kein Hindernis für eine erfolgreiche Tätigkeit im Land des Fußballweltmeisters 2006 bilden.

J. Barbist und I. Rungg sind Partner der Kanzlei Binder Grösswang Rechtsanwälte Wien-Innsbruck.