Rasmussen: Öl ins Feuer gegossen. | Rechte prägt Feindbild Islam. | Kopenhagen. Jacques Marrot hat im vergangenen August an der jährlichen französischen Meisterschaft im "Schweineheulen" teilgenommen. Dabei trug der französische Automechaniker eine Schweineschnauze und Schweineohren. Das Schweinebild soll eine zentrale Rolle im Karikaturenstreit gespielt haben. Eine Gruppe radikaler Imame aus Dänemark soll es während einer Reise durch den Nahen Osten als Beispiel gezeigt haben, wie Muslime in Dänemark verhöhnt werden.
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Doch mehr noch: Die gleichen Imame sollen im Nahen Osten Aussagen gemacht haben, von denen sie zuhause in Dänemark nichts wissen wollen. "Wenn man den arabischen Medien folgt, muss man Dänemark als ein Land ansehen, in dem Muslimer schikaniert und unterdrückt werden", sagt Mehdi Mozzafari, Professor für politischen Islam an der Universität Aarhus. "Dieses Bild muss irgendwo herkommen. Leider muss man sagen, dass die islamischen Organisationen in Dänemark ihren Beitrag geleistet haben, dieses Bild zu prägen."
Darauf hat auch Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen reagiert. Er warf im dänischen Parlament den dänischen Imamen vor, Öl ins Feuer zu giessen. Und Integrationsministerin Rikke Hvilshöj sagte, dass die Regierung in ihrer Integrationspolitik künftig nicht mehr auf die Imame setzen werde. "Sie sind mehr daran interessiert, den Konflikt anzuheizen."
Zu Boykott aufgerufen
Klar ist, dass Dänemarks bekanntester Imam, Abu Laban, sich in arabischen Fernsehkanälen für einen Boykott dänischer Produkte ausgesprochen hat. Der gleiche Abu Laban hat im dänischen Fernsehen dafür geworben, dass sich die Gemüter wieder beruhigen. Wenn Laban dennoch zu einem der einflussreichsten Muslime im Land gehört, dann liegt das auch an der dänischen Presse, die ihn immer wieder zitiert. "Laban wurde nicht demokratisch gewählt, und er repräsentiert nur einen Teil der muslimischen Gemeinschaft", sagt Helle Lukke Nielsen vom Institut für Nahost-Studien an der Universität Odense. "Vielen meiner Studenten mit arabischem Hintergrund würde es nicht im Traum einfallen, ihren Fuss in seine Moschee zu setzen. Dennoch werden sie mit seinen Ansichten gleichgesetzt."
Auch sonst ist Dänemark nicht ganz ohne Verantwortung für den Ausbruch der Krise. Das Land habe sich während vielen Jahren eine Art muslimisches Feindbild geschaffen, sagt Ole Waever, Professor für internationale Politik, mit Verweis auf die seit Jahren zunehmend verschärfte Politik gegenüber Ausländern. "Wir haben uns auf diese Weise von den andern nordischen Ländern, aber auch von vielen andern Ländern in Europa entfernt." Die Krise wäre nicht so scharf geworden, wenn die umstrittenen zwölf Mohammed-Karikaturen atypisch für Dänemark gewesen wären. "Das sind sie nicht. Sie passen in das heutige Dänemark".
Pro-dänische Anzeigen
Moderate Muslime in Dänemark versuchen nun, die Krise zu dämpfen. Eine Gruppe von ihnen schaltet nun Anzeigen in arabischen Medien, um ein anderes Bild von Dänemark zu vermitteln. Umgekehrt tut die rechtspopulistische Dänische Volkspartei alles, um die Stimmung anzuheizen. "Dänemark wird die Pistole an die Stirn gesetzt", schreibt Parteichefin Pia Kjaersgaard im Wochenbrief der Partei. "Äussere und - schlimmer noch - innere Feinde wollen uns in die Knie zwingen und verlangen, dass wir den Rechten abschwören, die Generationen vor uns erkämpft haben".