Heftiges "Hire and Fire" nach der Wahl stellt Team Stronach vor Zerreißprobe.
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Wien. Im Team Stronach geht es nach dem bescheidenen Abschneiden bei den Wahlen drunter und drüber. Mit 5,7 Prozent liegt die Partei des austro-kanadischen Konzern-Gründers weit unter den Erwartungen. Wie sonst eher in US-Konzernen üblich, setzt nun ein heftiges Hire & Fire ein. Wahlkampfleiter Tillman Fuchs, einst Vorstand des Privat-Senders "ATV", muss gehen, ebenso die renitente Landesobfrau in Niederösterreich, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Sie soll per Fax durch die bisher unbekannte Stronach-Angestellte Renate Heiser-Fischer ersetzt worden sein. Den Job als Landesrätin kann Kaufmann-Bruckberger allerdings niemand wegnehmen. In Tirol hieß es gerüchteweise, das Büro würde überhaupt aufgelöst. Landesparteichef Walter Jenewein bestätigt auf Nachfrage nur "Sparmaßnahmen". Das heftigste Gerangel tobt um die Nummer zwei hinter Stronach. Hier soll dessen engste Vertraute und Assistentin, Kathrin Nachbaur, bereits als Nachfolgerin von Klubchef Robert Lugar feststehen.
In den Ländern wird gegen die Nacht- und Nebelaktionen ohne Einbindung der Gremien heftig protestiert. Nicht offen, aber hinter vorgehaltener Hand. Kenner der Partei halten sogar eine Revolte gegen Nachbaur für möglich. In Niederösterreich putschte die Partei schon einmal gegen einen Klubchef, den Stronach einsetzte.
Der 34-jährigen Nachbaur, die lange in Kanada lebte, sprechen Kritiker die Erfahrung für anstehende Koalitionsverhandlungen ab. Warum sich jetzt alles überschlägt, hat einen einfachen Grund: Frank Stronach fliegt noch diese Woche nach Kanada und muss bis Jahresende dort bleiben, sonst verliert er seinen Status als kanadischer Steuerbürger. Er soll nur noch kurz zur Angelobung des Parlaments kommen, ist zu hören. Stronach will dabei sein Abgeordnetenmandat annehmen und Parlamentarier werden. Von der Geschäftsordnung her kann er sich aber in Ausschüssen vertreten lassen. Nur bei großen Plenarsitzungen herrscht Anwesenheitspflicht. Dort muss er aber nur alle zwei Monate erscheinen. Denn erst nach einem Monat gibt es eine Ermahnung und nach zwei Monaten ein Mandatsaberkennungsverfahren. Im Krankheitsfall genügt die Übermittlung einer ärztlichen Bestätigung, erklärt Parlamentarismus-Experte Werner Zögernitz. Er kann sein Mandat auch vorübergehend zurücklegen und wieder annehmen.
Wie viel Rückhalt hat Nachbaur dann im "Team ohne Stronach"? Über die Turbulenzen sprach die "Wiener Zeitung" mit dem Chef der Salzburger Landespartei, Hans Mayr, der mit den Grünen und der ÖVP regiert.
"Wiener Zeitung": Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen? Im Bund wird Lugar durch Nachbaur ersetzt, in Niederösterreich die Obfrau Kaufmann-Bruckberger abgeschossen. Es scheint drunter und drüber zu gehen.Hans Mayr: Das ist die Party von Stronach um sein Geld. Auch in Salzburg hat er den Wahlkampf bezahlt. Aber andererseits habe ich dafür zwei Berufe aufgegeben, einen als Bankchef und einen als ÖVP-Bürgermeister von Goldegg. Viele andere haben ihre Existenz aufgegeben, im Vertrauen, Teil einer nachhaltigen Bewegung zu werden. Das eine ist das Geld, das andere sind die Menschen, die dahinter stehen. Ich habe große Probleme damit, dass Menschen so locker ausgetauscht werden. Das habe ich Frank Stronach am Telefon gesagt. Ich erwarte mir, dass die Länder eingebunden werden.
Was nicht der Fall war.
Genau.
Was halten Sie von Kathrin Nachbaur als Klubchefin?
Deren Bestellung ist durch und damit kann ich leben. Aber es hätte auch andere Alternativen gegeben. Das ganze Team hat sich bei der Nationalratswahl nicht besonders bewährt, sonst hätte es ein anderes Ergebnis gegeben. Nachbaur fehlt politische Erfahrung. Klubchef ist harte politische Arbeit. Darüber hätte man diskutieren müssen.
Lugar sollte bleiben?
Es gibt auch andere.
Wäre es möglich für die Salzburger, eigene Wege zu gehen?
Ich fühle mich Frank Stronach verpflichtet, aber wir stehen finanziell auf eigenen Beinen. Ich schaue mir das in Ruhe an, setze keine Panikaktionen. Ich hoffe, ich kann den Weg mit Stronach gehen. Aber wenn es hart auf hart kommt, gehe ich meine eigenen Wege. Denn selbst wenn ich als Parteiobmann abberufen würde, bleibe ich Landesrat. Und die drei Abgeordneten bleiben auch.
Aber wenn Stronach den Geldhahn abdreht und Darlehen fällig stellt?
Stronach hat den Wahlkampf bezahlt wie eine Spende. Jetzt sind wir selbständig. Da gibt es kein Darlehen, das wir zurückzahlen müssen.
Haben Sie Angst um Ihre Koalition in Salzburg mit Schwarz-Grün?
Nein, die Koalition läuft hervorragend. Die Partner wissen, dass auf uns Verlass ist. Ich habe begonnen, eine breite Parteibasis mit 250 Mitgliedern in 42 Orten aufzubauen. Und ich habe Bereinigungen gemacht, etwa, dass wir uns von Erich Tadler getrennt haben. Auch die Bundespartei muss sich auf eine breite Basis stellen. Sonst überlebt sie nicht.