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"Dann haben wir intern Krieg"

Von Analyse Von Walter Hämmerle

Analysen

ÖVP steckt in der Klemme. | ÖAAB-Mandatare könnten Mehrheit zu Fall bringen. | Mit traumwandlerischer Zielsicherheit, die fatal an die Dramaturgie griechischer Tragödien erinnert, hat sich die ÖVP, pünktlich zum Höhepunkt des Streits um das Bildungsbudget, in eine ausweglose Situation manövriert. Gesetzt den Fall, es geschieht bis Dienstag Früh nicht noch ein Wunder und Bildungsministerin Claudia Schmied einigt sich mit der Lehrergewerkschaft auf einen Kompromiss, steht die ÖVP als Verlierer da, egal für welches Handlungsszenario sie sich entscheidet.


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Stimmt die ÖVP-Ministerriege unter Führung von Finanzminister Josef Pröll den Sparplänen Schmieds zum Wohle der Koalition im Ministerrat zu, darf das als direkte Kampfansage an den Arbeitnehmerflügel ÖAAB verstanden werden. Der ist zumindest fest entschlossen, ein Ja Prölls so zu interpretieren. Aus dem ÖAAB heißt es dazu hinter vorgehaltener Hand: "In diesem Fall haben wir einen internen Krieg und Pröll weiß das."

Entscheidet sich Pröll gegen Schmied und für den ÖAAB, sendet er damit ein in diesen Krisenzeiten höchst gefährliches Signal an alle von Sparmaßnahmen bedrohten, gut organisierten Lobbyinggruppen: Man muss nur laut genug aufschreien und schon wird man verschont.

Gerade als Finanzminister mit rasant steigenden Defizitprognosen kann Pröll daran nicht das geringste Interesse haben. Wie übrigens auch nicht als Parteiobmann an Szenario Nummer eins, dem "internen Krieg" mit dem ÖAAB.

Rein rechnerisch könnte der ÖAAB einen Beschluss im Parlament zu Fall bringen: Für eine Mehrheit benötigen SPÖ und ÖVP 92 von 183 Stimmen im Nationalrat, zusammen bringen sie es auf 108. Allein der ÖAAB stellt aber 18 von 51 ÖVP-Abgeordneten. Verweigern sich diese, ist die Mehrheit perdu.

Theoretisch hätte auch Außenminister Michael Spindelegger, ÖAAB-Obmann in Niederösterreich und Favorit für die demnächst anstehende Nachfolge von ÖAAB-Bundeschef Fritz Neugebauer, die Möglichkeit, im Ministerrat den Entwurf Schmieds zu Fall zu bringen, ist die Regierungskonferenz doch auf Einstimmigkeit angewiesen. Aber ein solcher Minister-Alleingang ist höchst unwahrscheinlich.

Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass in diesem Konflikt die ÖVP - und mit ihr Bundeskanzler Werner Faymann - auf den Faktor Zeit setzt. Pröll hat am Freitag anklingen lassen, dass eine Entscheidung nicht unbedingt am Dienstag stehen müsse .. .

ÖAAB-Chef Neugebauer, selbst Lehrer, zählt diesmal nicht zu den Scharfmachern. Als oberster Beamtengewerkschafter weiß er um die Gefahr, die ein einseitiges Vorgehen des Bundes als Präzedenzfall aussenden würde. Schließlich müssen auch andere Beamtengruppen mit harten Sparkonzepten rechnen. Gelingt kein Kompromiss, würde dies den Einfluss der Gewerkschaft künftig massiv schmälern. Entsprechend versucht er auf eine Einigung einzuwirken.

Die anderen Bünde hüllen sich derweil in Schweigen und wollen den heiklen Konflikt nicht weiter anheizen. Das gilt vor allem für den innerparteilichen Antipoden des ÖAAB, den Wirtschaftsbund. Hier wird derzeit nur auf den salomonischen Satz von Obmann Christoph Leitl verwiesen, nach dem "alle den Gürtel enger schnallen müssen".