)
Österreich braucht eine Willkommenskultur für jene Migranten, die nicht in den Sozialstaat einwandern wollen, sondern in eine Hochleistungsgesellschaft.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Während das Innenministerium sich diese Woche mit einigem argumentativen Aufwand mühte, eine Handvoll hierzulande von Gesetzes wegen unerwünschter Ausländer außer Landes zu schaffen, beklagte sich gleichzeitig Wirtschafskammer-Chef Christoph Leitl lautstark darüber, dass viel zu wenig hieramts erwünschte Ausländer nach Österreich kämen; die sogenannte "Rot-Weiß-Rot"-Card für qualifizierte Migranten werde viel zu wenig nachgefragt.
Auf der einen Seite also tausende Menschen von anderen Kontinenten, die sehr gerne hier leben wollen, aber dafür leider sehr schlechte Voraussetzungen mitbringen - auf der anderen Seite tausende Menschen von anderen Kontinenten, die dank ihrer passenden Voraussetzungen hier mit offenen Armen und einer frischen "Rot-Weiß-Rot-Card" aufgenommen würden, die aber nicht kommen wollen: Erfolgreiches Migrations-Management haben wir uns etwas anders vorgestellt.
Auch wenn es in der österreichischen Debatte meist eher außer acht gelassen wird: Der Befund darüber, wer nach Österreich kommen will und wer nicht, ist natürlich auch eine Art Spiegel, der dem Land vorgehalten wird. Darin zeigt sich ein ambivalentes Bild. Auf der einen Seite wird sichtbar der hoch entwickelte Sozialstaat, der naturgemäß für die Bewohner der zahllosen Reviere des Unglücks und des Elendes auf dieser Welt attraktiv strahlt. Auf der anderen Seite sehen wir freilich ein Land, das für hochqualifizierte, leistungsfähige und unternehmerische Menschen aus Indien, China oder Vietnam von eher überschaubarer Attraktivität ist.
Dies freilich hängt nicht an irgendwelchen technischen Details der "Rot-Weiß-Rot"-Card, sondern an einem grundsätzlichen Problem.
Denn das Angebot, sich in einem Land niederzulassen, das ehrliche Arbeit nahezu konfiskatorisch besteuert, in dem Unternehmertum meist irgendwie unter dem Generalverdacht unlauterer Bereicherung steht und im Übrigen die Anzahl der von den Zuwanderern künftig zu alimentierende Alten sprunghaft steigt, wird einen jungen High-Potential nicht wirklich überzeugen können. Der wird sich eher für Kalifornien entscheiden, wo auch noch das Wetter besser ist und die Eingeborenen weniger griesgrämig dreinschauen - und nicht in ein Altersheim einziehen, dessen anspruchsvolle Insassen schon hungrig mit den Löffeln klappern.
Gerade jene Faktoren aber, auf die Österreich besonders stolz ist, sind für diese Gruppe von Migranten wenig erheblich: Die kommen ja nicht der Grundsicherung wegen, sondern weil sie möglichst schnell möglichst viel Erfolg haben wollen. Und dafür bietet ihnen Österreich eben vergleichsweise eher suboptimale Voraussetzungen.
Will Österreich tatsächlich jene gut ausgebildeten Migranten ins Land holen, die es aus demographischen Gründen dringend braucht, werden ein paar gröbere Umbauarbeiten nötig sein. Ohne niedrigere Steuerlast, eine unternehmerfreundliche Grundstimmung und einen insgesamt viel weniger invasiven Staat werden die, die wir brauchen, nämlich einfach nicht kommen. Ohne eine spezielle Willkommenskultur für all jene, die nicht in den Sozialstaat einwandern wollen, sondern in eine Hochleistungsgesellschaft werden noch viele "Rot-Weiß-Rot"-Cards in den Amtsstuben dicke Staubschichten ansetzen.
ortner@wienerzeitung.at