Zunehmendes Verkehrsaufkommen zwingt Städte zu Maßnahmen.
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Wien. "Es ist ein Wahnsinn - vor 30 Jahren habe ich vor meiner Haustüre immer einen Parkplatz gefunden, da war alles frei", erzählt Gerhard K. in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Heute muss er oft länger als eine halbe Stunde kurven, wenn er nach 18 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt. Und Gerhard K. wohnt nicht in einem Innenbezirk, sondern in der Nähe der Maroltingergasse in Wien-Ottakring. Roland T. lebt in der Nähe des Bahnhofs Hütteldorf in Wien-Penzing - also noch weiter "draußen" - und er berichtet Ähnliches.
Umwelttechnisch gesehen, ist das eine positive Entwicklung, denn beide lassen ihr Auto mittlerweile zugunsten der Öffis stehen. Geht es nun nach der Wiener Stadtregierung, bräuchten die beiden ab 1. Oktober ein Parkpickerl für ihre "stehengelassenen" Pkw. Sehr zum Unmut der Betroffenen: "Falls es wirklich eine Volksbefragung geben sollte, wie das der Bürgermeister am Wochenende angekündigt hat, werde ich gegen die Ausweitung stimmen", meint Roland T. "Ich verstehe, dass man die Autos aus der Stadt draußen haben will, aber ich wohne doch quasi eh nicht mehr in der Stadt - und ich will auf keinen Fall mehr bezahlen", meint auch Gerhard K.
Und genau auf diesen Zug sind die Oppositionsparteien aufgesprungen: Von Anfang an schlugen sie sich auf die Seite der Autofahrer-Lobby und sprachen von einer "Autofahrer-Abzocke". Mit Erfolg: Die ÖVP kündigte Anfang Mai an, die Ausweitung des Parkpickerls mittels Volksbefragung zu Fall bringen zu wollen. Ende Juni übergab sie schließlich rund 150.000 Unterstützungserklärungen an Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, einen Teil davon lieferten auch die FPÖ und der ÖAMTC. Hauptargumentationspunkt der Stadtregierung war, dass laut Stadtverfassung über Gebühren nicht abgestimmt werden dürfe - der Verfassungsdienst prüft das noch.
Der Druck wurde dennoch so groß, dass die Einführungspläne am 1. Oktober zu wackeln begannen. Bürgermeister Michael Häupl zog die Notbremse und veranlasste Verhandlungen mit der Volkspartei, um sie doch noch mit ins Boot zu holen. Doch die Gespräche scheiterten. Um Schadensbegrenzung bemüht, deutete Häupl nun am Wochenende an, eventuell eine eigene Volksbefragung zusammen mit dem grünen Koalitionspartner durchführen zu wollen. Näheres werde er heute, Dienstag, dazu sagen.
Kommt es tatsächlich zu einer Volksbefragung, so wäre das mittlerweile die achte in Wien. Ein Votum gegen die Ausweitung des Parkpickerls würde laut Vassilakou die Problematik der Überparkung und des Pendlerverkehrs in Wien verschärfen. Den Oppositionsparteien würde es mehr um eine parteipolitisch motivierte Kampagnisierung gehen als um die Sache, kritisiert Vassilakou. Die FPÖ fordert etwa ein Gratis-Parkpickerl für ganz Wien.
Fahrverbot in Salzburg
Wien steht mit diesem Problem nicht alleine da: In Graz gab es jetzt bis zum Wochenende eine Bürgerbefragung zur Einführung einer Umweltzone. Sie würde ganzjährige Fahrbeschränkungen und -verbote für Diesel-Pkw der Euro-Klassen 0, 1, 2 sowie 3 ohne Partikelfilter bedeuten. Die Maßnahme würde sowohl die Verkehrs- als auch die Feinstaubbelastung reduzieren, argumentieren die Befürworter. Die Ergebnisse wurden ebenfalls für heute, Dienstag angekündigt.
Bereits umgesetzt hat die Stadt Salzburg ein Fahrverbot in der Altstadt - aber nur für fünf Wochen und zwischen 10 und 14 Uhr. Das Fahrverbot soll verhindern, dass besonders an Regentagen tausende Touristen mit ihren Autos in das Zentrum der Mozartstadt strömen und für ein Verkehrschaos sorgen.
Die eigentliche Frage ist, inwieweit es heute noch gerechtfertigt ist, öffentlichen Raum in der Stadt für sich und sein Auto kostenlos beanspruchen zu können - zumal auch jene Autobesitzer, die bereits für ein Parkpickerl bezahlen, am Abend kurven müssen, um noch einen Stellplatz für ihr Gefährt zu ergattern. Dass es eine Befragung in Wien geben wird, scheint jedenfalls wahrscheinlich - die Frage ist nur, wie die Fragestellung lauten wird.