Während Signale aus Großbritannien die Hoffnung auf eine rasche Einigung auf den künftigen Haushalt der EU schwinden lassen, hat das Europäische Parlament mit breiter Zustimmung seine Position festgelegt. Mehr Geld als im derzeitigen Luxemburger Kompromissvorschlag wird verlangt. Dieser liege unter dem Status quo und setze falsche Schwerpunkte.
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"Darüber wollen wir nicht verhandeln." Mit diesem Satz dämpfte der britische Premier Tony Blair gestern, Mittwoch, die keimende Hoffnung auf eine Einigung über den Finanzrahmen 2007 bis 2013 am Treffen der Staats- und Regierungschefs kommende Woche. Kompromissbereitschaft Londons in der Frage des umstrittenen Briten-Rabatts gilt aber als Grundvoraussetzung für Zugeständnisse der 24 anderen EU-Länder. Mit scharfen Worten reagierte daher EU-Kommissar Günter Verheugen. "Ich finde es wirklich nicht angemessen, dass eines der reichsten Länder - und das ist Großbritannien heute - sich von den ärmsten Ländern Europas - und das sind die, die neu eingetreten sind - mitfinanzieren lässt", erklärte Verheugen.
Dass ein Konsens der Regierungen ein wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit der Union wäre, findet auch das EU-Parlament. Über den Stand der Verhandlungen herrscht daher wenig Freude. Mit 426 zu 140 Stimmen verabschiedete das Plenum das Konzept des Berichterstatters Reimer Böge. 122 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. 1,18 Prozent oder 975 Mrd. Euro verlangt das Parlament. Der jüngste Luxemburger Kompromissvorschlag liegt bei 871 Mrd. (1,06 Prozent).
"Das liegt unter dem Status quo", ärgert sich der Vizevorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Othmar Karas. Nach dem derzeit gültigen Finanzrahmen wären unter Berücksichtigung der Erweiterung 890 Mrd. fällig.
Die Zustimmung des Parlaments ist für den Finanzrahmen gesetzlich notwendig, beharrt auch Böge. Es werde keinen Abschluss "um jeden Preis" geben. Kommt es zu keiner Einigung mit den Regierungen, greift Artikel 272 des EG-Vertrags. 1,03 Prozent oder 931 Mrd. hieße das mindestens - und jährliche Haushaltsverhandlungen. "Warum sollten wir einem Budget unter dieser Rückfallposition zustimmen?" fragt der CDU-Politiker. "Darunter verhandeln wir gar nicht", formuliert es Karas noch deutlicher.
Nicht nur Zahlen
"Wir werden aber nicht nur um Zahlen feilschen", meldet Böge massive inhaltliche Bedenken an. Gerade bei der Wettbewerbsfähigkeit wollen die Luxemburger 40 Prozent gegenüber dem Kommissionsvorschlag sparen. Forschung und Entwicklung sowie Bildung sind aber Eckpfeiler der Lissabon-Strategie. Zehn Prozent weniger für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung - erst im März zur obersten Priorität erklärt; 50 Prozent für die Innen- und 40 für die Außenpolitik: "Damit ist keine Einigung mit dem Europaparlament machbar", bekräftigt Karas.
Als "brutal" bezeichnet die anvisierten Einschnitte SPÖ-Delegationsleiterin Maria Berger. Bei einer so offensichtlichen Entfernung von den selbst auferlegten Schwerpunkten sei die Glaubwürdigkeit der EU in Gefahr.