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Das afrikanische Österreich

Von Ingrid Thurner

Gastkommentare

Bezüglich der Akzeptanz von schwarzen Menschen im Land liegt vieles im Argen.


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Unlängst fand ein kleines, aber feines Symposium statt - "Afrikaner und Afrikanerinnen in Wien", veranstaltet am Institut für Österreichkunde -, und die Vorträge und Diskussionen zeigten, dass es für Teile der alteingesessenen österreichischen Bevölkerung keine Selbstverständlichkeit ist, die Präsenz einer starken afrikanischen Diaspora zur Kenntnis zu nehmen.

Es eröffnete Mireille Ngosso, geboren in der Demokratischen Republik Kongo, Ärztin und designierte stellvertretende Bezirksvorsteherin der Wiener Innenstadt, die nach ihrer Ernennung einen rassistischen Shitstorm, aber auch viel Zustimmung erlebt hat. Den Einführungsvortrag hielt Walter Sauer, der sich Verdienste um die Erforschung der Kolonialhistorie Österreichs - eines der verdrängten Kapitel in der hiesigen Vergangenheitspolitik - erworben hat, gemeinsam mit Vanessa Spanbauer, auch Herausgeberin des Magazins "Fresh". Aktuelle Statistiken und Forschungsergebnisse wurden vorgelegt.

Historische Altlasten

So ist ein lange totgeschwiegenes Kapitel der österreichischen Geschichte das Leiden von Menschen afrikanischer Herkunft im Nationalsozialismus - sie waren der Kategorie "nicht-arisch" zugeordnet und deswegen Verfolgungen ausgesetzt. Das laufende Projekt "Afrikaner und Afrikanerinnen in Mauthausen" ist in Teilergebnissen bereits veröffentlicht.

Desgleichen ist das Schicksal der "Besatzungskinder" (auch "Befreiungskinder"), die von 1945 bis 1955 geboren wurden, ein Thema, das erst in den vergangenen Jahren durch wissenschaftliche Aufarbeitung, Ausstellungen und Publikationen Beachtung erfährt. Ihre Väter waren G.I.s afrikanischer Herkunft aus den US-Streitkräften oder - in Vorarlberg und Tirol - marokkanische Soldaten, die der französischen Armee angehörten. Die Diskriminierungen, denen diese Kinder und ihre inländischen Mütter im Verlauf ihres Lebens ausgesetzt waren, mag man sich gar nicht vorstellen.

Inzwischen lebt in Österreich bereits die zweite und dritte Generation von Schwarzen Menschen - "Schwarz" mit großem "S" am Anfang ist dabei eine Selbstzuschreibung und bezieht sich nicht auf die Hauptfarbe, sondern auf die gemeinsamen Erfahrungen. Viele sind hier geboren, besitzen die österreichische Staatsbürgerschaft, betrachten Österreich als ihre Heimat, haben in der Geschichte mitgelitten. Sie krempeln die Ärmel auf und zahlen Steuern, sie fühlen sich zugehörig oder würden sich gern zugehörig fühlen, müssen sich aber diese Zugehörigkeit täglich neu erkämpfen.

Bei der Arbeitsplatzsuche werden Personen, deren Fremdheit sichtbar, hörbar oder am Namen ablesbar ist, benachteiligt. Es gibt ein paar ausgesuchte Bereiche, in denen afrikanische Wurzeln nicht zwingend ein Nachteil sind: Zirkus, Sport (besonders Fußball und Leichtathletik), Musik, Tanz, Bühne. Seit den 1920er Jahren hat sich an den beruflichen Möglichkeiten für Schwarze Menschen in Österreich wenig geändert. Hinzugekommen ist die katholische Kirche als Arbeitgeber für Priester aus Afrika. Außerdem bietet die Tourismusindustrie Berufschancen. In Beherbergungsbetrieben und teils in der Gastronomie sind afroösterreichische Bewerber erwünscht - es sei denn, sie tragen Kopftuch. Die Unternehmen demonstrieren damit Weltläufigkeit - schließlich ist auch die Kundschaft international.

Alltagsrassismen

Menschen mit sichtbarem Afrika-Bezug, die in Österreich leben, sind Diskriminierung gewohnt, schon in der Schule, bei den alltäglichen Wegen, an der Supermarktkassa, in der U-Bahn. Es ist zermürbend für jene, die hier geboren und zur Schule gegangen sind, wenn sich ständig jemand erkundigt, ob sie auch deutsch sprechen.

Manche Ausgrenzung wird als Interesse getarnt. Wildfremde Menschen fragen: "Woher kommen Sie?", und glauben dabei, höflich und wohlwollend zu sein. Selten gibt sich die fragende Person zufrieden mit der Antwort "aus Ottakring" oder "aus Oberösterreich". Tatsächlich gilt das Interesse nämlich der geografischen Herkunft der Vorfahren. Eine Antwort mit Nennung eines Landes, das weit weg ist, würde eher in die Vorstellungswelt passen. Damit gibt man aber zu erkennen, dass ein Mensch, nur weil er oder sie ein bestimmtes Aussehen hat oder bestimmte Kleidung trägt, eben nicht dazugehört - und letztlich auch, dass solche Menschen nicht erwünscht ist.

Es ist also noch viel zu tun. Österreichs nicht-afrikanischen Bewohnern stünde ein wenig Interesse an den Befindlichkeiten und Schwierigkeiten der afroösterreichischen Bevölkerung gut an. Man wünscht sich öfters solche Veranstaltungen und dass sie ein breites Auditorium finden, insbesondere Meinungsmultiplikatoren wie Lehrer und Journalisten.

Denn die gleichberechtigte Teilhabe aller am gesellschaftlichen Geschehen liegt vor allem auch in der Verantwortung derer, die sich als Mehrheit begreifen.

Ingrid Thurner ist Lehrbeauftragte am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie und Mitglied der Teilnehmenden Medienbeobachtung (www.univie.ac.at/tmb) an der Universität Wien.