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Das allzu sehr gelobte Land

Von Thomas Seifert

Leitartikel
Thomas Seifert.

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Betlehem erwartet heute laut der palästinensischen Tourismusministerin Rula Ma'aya rund 10.000 Besucher, alle Hotels der 30.000-Einwohnerstadt seien ausgebucht. Das Weihnachtsgeschäft läuft heuer also auch für die Geburtsstadt Jesu prima – und das, obwohl die Sicherheitslage in Palästina alles andere als gut ist.

Dabei ist der "Nahost-Konflikt" in den Jahren seit der Invasion des Irak durch die USA im Jahr 2003 zum "israelisch-palästinensischen Konflikt" geschrumpft. Davor waren die meisten politischen Beobachter der Meinung, dass die Lösung dieses Konflikts der Schlüssel zu einer Stabilisierung des nahen Ostens ist. Heute wird die Auseinandersetzung zwischen Israel und den Palästinensern als Regionalkonflikt verstanden und ist angesichts der Tragödien in Syrien, Irak und im Jemen in den Hintergrund getreten. Die größte Gefahr für den Frieden in der Region ist heute ein Krieg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien – die auf den Territorien der eben genannten Länder ausgetragenen Konflikte sind zum Teil auch als Stellvertreterkriege zwischen den beiden um Vorherschafft in der Region ringenden Rivalen zu deuten.

Vor diesem Hintergrund ist die Verschiebung der Politik erklärbar: Amerikaner, Saudis und Israelis rücken näher zusammen. Der gemeinsame Feind: Iran.

Donald Trumps Erklärung, er würde Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und die Botschaft dorthin übersiedeln, verkompliziert die Positions Saudi-Arabiens zwar ein wenig, die verhaltenen Reaktionen aus Riad darauf zeigten aber, dass die Solidarität Saudi-Arabiens mit den Palästinensern dem Königshaus derzeit nicht wichtig genug ist – die anti-iranische Allianz geht vor.

Trumps Erklärung zeigt aber einmal mehr, dass der Mann im Weißen Haus nicht Schach, sondern "Mensch ärgere Dich!" spielt. Er hat nicht nur unlängst in der UN-Vollversammlung Resolutions-Prügel bezogen (selbst engste Verbündete ließen ihn im Stich), sondern auch die Rolle als Vermittler im israelisch-palästinensischen Konflikt verspielt. Zur Erinnerung: Seine Vorgänger von Bill Clinton bis zu Jimmy Carter waren stets als Vermittler zur Stelle, wenn es nur die geringste Aussicht auf Frieden gab. Außer Donald Trump – der greise Präsident, der sich bei jeder Gelegenheit selbst gratuliert – jubelte nur Israels Präsident Benjamin Netanjahu.

Die US-Politik ist unverständlich: Hätte Trump Westjerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und in Aussicht gestellt, er würde die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin übersiedeln, sobald es einen dauerhaften Frieden zwischen Palästinensern und Israelis gibt, er hätte einen Beitrag zur Versöhnung geleistet. So hat er eine Vorleistung erbracht, ohne von Netanjahu die geringste Gegenleistung zu bekommen. Jerusalem ist den Vertretern der drei abrahamischen Religionen, Christen, Juden und Moslems heilig. Israel hat Ostjerusalem 1967 von Jordanien erobert und 1980 annektiert. Es braucht also – auch im Interesse Israels - eine völkerrechtlich bindende Lösung für diese Stadt und keine unilateralen US-Deklarationen. Die Idee des Vatikan, Jerusalem mit dem weltweit anerkannten Sonderstatus als "offene Stadt", auszustatten, der allen Religionsfreiheit gewährt und Sicherheit und freien Zugang für Pilger zu heiligen Orten ermöglicht, ist ein konstruktiver, vernünftiger Vorschlag.

Von der Geburtskirche in Betlehem wird heute Abend eine Friedensbotschaft ausgehen. Sie wird im allzu sehr gelobten Land und in der Region ungehört verhallen.