Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Kultur-Kapitel ist erledigt, das Budgetloch verschwunden, das Kapitel Außenpolitik wird keine gröberen Probleme bereiten - es geht was weiter bei den Koalitionsverhandlungen, sollte man meinen. Nun hat der burgenländische Landeshauptmann, der für die SPÖ die Staatsreform verhandelt, ein Zipfelchen des Verhandlungs-Geheimnisses gelüftet. Es werde ein "Amt der Bundesregierung" erörtert, verriet er. Nun mag das gut gemeint sein, aber eine Staatsreform mit der Schaffung eines neuen Amtes zu beginnen, könnte doch vom Bürger missverstanden werden. Denn das neue Amt, ein Wunsch der Bundesländer, soll die Ressourcenverwaltung zentralisieren, also im Wesentlichen den Einkauf von Materialien, die die Behörden zur Erledigung ihrer Aufgaben benötigen. Eine gute Idee grundsätzlich, wenn es da nicht seit April 2001 die zum Finanzministerium ressortierende "Bundesbeschaffungs GmbH" geben würde. "Wir sind der Einkaufsdienstleister der öffentlichen Hand", ist auf deren Homepage zu lesen.
Der Vorschlag zur Staatsreform hinterlässt den interessierten Beobachter also eher ratlos. Wenn nun Koalitionsverhandler ständig Dinge entwickeln, die es eigentlich schon gibt, wäre die Gründung eines Amtes für Koalitionen zu überlegen, das die Politiker darüber informiert, was es schon gibt. Wenn etwa nach zukünftigen Wahlen die Neos zu Koalitionsverhandlungen eingeladen werden würden, und die wollen dann die staatliche Firmenholding ÖIAG gründen, um Beteiligungen zu bündeln, könnte das Amt einen Bescheid erlassen: Halt, gibt es schon!
Wir lernen an diesem schönen Beispiel, dass jene politischen Berater klug sind, die vorschlagen, Koalitionsverhandlungen zeitlich so kurz wie möglich zu veranschlagen - sagen wir zwei Stunden (inklusive Mittagessen).
Sonst könnte es nämlich sein, dass die Staatsreform am Ende so ausschaut, dass die Länder sämtliche Kompetenzen erhalten, die Gutes tun und Geld verteilen. Die Bundesregierung (und vor allem natürlich die ohnehin an allem Unglück schuldige EU) wären zuständig für Steuereintreiben, Verkehrsstrafen und Bankgebühren.
Dass die vielen Verhandler noch bis Ende November Zeit haben, um ihre Ergebnisse abzuliefern, ist daher mittelgut. Denn die beiden Chefverhandler werden am Schluss enorm viel Zeit benötigen, wenn sie die Papiere sicherheitshalber bis ins letzte Detail durchzuackern haben.