Eingeschränkte Kreditvergabe würde Wachstum bremsen. | KMU gelten in Europa als Rückgrat der Wirtschaft.
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Wien. Banken sollen Krisen in Zukunft selbst bewältigen können, ohne auf staatliche Milliardenhilfen wie in der Finanzkrise angewiesen zu sein. Dies ist das Hauptziel des neuen Basel-III-Regimes, das Geldinstitute dazu verpflichtet, ihre Geschäfte mit wesentlich mehr Eigenkapital zu unterlegen. Gleichzeitig sollen die Banken aber so wie bisher ihre Funktion erfüllen, die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, ohne dass es dabei zu Restriktionen kommt.
Umgelegt auf Europa, wo die Wirtschaft zu 80 Prozent kreditfinanziert ist (in den USA lediglich zu 20 Prozent), scheint das allerdings Wunschdenken zu sein. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sowohl in Europa als auch in Österreich das Rückgrat der Wirtschaft sind, dürfte es in Zukunft schwerer sein, von den Banken Kredite zu bekommen - und wenn, nur zu höheren Preisen. Die absehbare Folge wäre ein gebremstes Wachstum.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner geht davon aus, dass Kredite für KMU durch Basel III um ein bis zwei Prozentpunkte teurer werden. „Der Druck auf die Zinsen wird stärker, weil weniger Geld da ist”, erklärte er am Mittwoch vor Journalisten. „Basel III wird die Rentabilität der Banken verringern - und das wird sich massiv auf die Kredit-Konditionen auswirken”, meinte auch der Chef der Erste Group, Andreas Treichl.
Nach den Worten Mitterlehners darf es nicht sein, dass KMU die Konsequenzen der Krise tragen müssen. Deshalb dürfe Basel III die Kreditvergabe hier nicht gefährden. Im Gegensatz zu großen Firmen hätten sich die Kreditausfälle bei KMU auch in der Zeit der Wirtschaftskrise nicht verändert, betonte IHS-Chef Bernhard Felderer, dessen Institut im Auftrag des Wirtschaftsministeriums eine KMU-orientierte Umsetzung von Basel III erstellt hat. Sein Fazit: Gerade Klein- und Mittelbetriebe würden für kreditgebende Banken kein Problem darstellen. Große Unternehmen hätten viel empfindlicher auf die Krise reagiert.
EU-Parlament am Zug
Sollten künftig alle Stricke reißen und es Probleme bei der Kreditvergabe an KMU geben, will Mitterlehner mit Haftungszusagen der staatlichen Förderbank AWS gegensteuern.
Auch wenn die EU-Kommission gestern, Mittwoch, in Brüssel ihre Vorschläge zu Basel III vorgelegt hat - das letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen. Denn mit dem Reformpaket zur Regulierung der mehr als 8000 Banken in Europa sind nun EU-Rat und -Parlament befasst.
Mitterlehner fordert deshalb, dass bei der Umsetzung der Basel-III-Regeln - vorgesehen ist eine mehrjährige Frist von 2013 bis Ende 2018 - die Obergrenze für begünstige Privatkunden-Kredite von derzeit einer Million Euro auf zwei Millionen anzuheben, wovonauch KMU profitieren würden. Auch Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl, der um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe fürchtet, plädiert dafür. Laut Felderer könnten so 80 (statt bisher 60) Prozent der KMU-Kredite erfasst werden.
„Durchaus machbar”
Um die neuen Eigenkapitalvorschriften künftig zu erfüllen, brauchen Österreichs Banken rund zehn Milliarden Euro hartes Kernkapital. „Das ist durchaus machbar”, zitiert die APA Kurt Pribil (er ist Vorstandsmitglied der Finanzmarktaufsicht). Von diesen zehn Milliarden entfällt mehr als die Hälfte auf den Ersatz von Kapitalhilfen, die während der Finanzkrise beim Staat abgerufen wurden.
Rund um Basel III haben die internationalen Aufseher zuletzt vorläufig festgelegt, dass 28 der weltgrößten Banken künftig mit Eigenkapitalaufschlägen zwischen 1,0 und 2,5 Prozent rechnen müssen. Darunter befinden sich beispielsweise die Deutsche Bank und die italienische Bank-Austria-Mutter Unicredit. Nach Ansicht der Aufseher sind diese 28 Institute so groß, dass ihr Zusammenbruch das ganze Finanzsystem ins Wanken bringen könnte. Ein Extra-Puffer soll sie daran hindern, zu große Risiken einzugehen.