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Das Aufbegehren der Arbeitnehmer

Von Brigitte Pechar

Politik

In der SPÖ mehren sich die Stimmen für eine Steuerreform ab 2015. Aber auch die schwarzen Arbeitnehmervertreter machen Druck.


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Wien. Die Steuereinnahmen sprudeln, 90 Milliarden Euro nimmt der Finanzminister jährlich an Steuern und Abgaben ein, wenn man die Sozialversicherungsbeiträge dazurechnet, sind es schon 137 Milliarden Euro. Österreich hat mittlerweile das Hochsteuerland Schweden bei der Steuer- und Abgabenquote mit 45,4 Prozent zu 45 Prozent übertroffen. Der Ruf der Gewerkschaft nach einer Steuerreform mit einer spürbaren Senkung der Steuern auf Arbeit ist mittlerweile unüberhörbar. Im Vorjahr haben die Einnahmen des Finanzministers aus der Lohnsteuer erstmals jene aus der Umsatzsteuer überholt. Die Wirtschaft beklagt die enorm hohen Arbeitskosten, die Gewerkschaft beklagt, dass die sogenannte kalte Progression die Lohnerhöhungen, die sie mit den Arbeitgebervertretern ausverhandelt, auffrisst. Um diese kalte Progression, über die sich der Finanzminister ein Körberlgeld von rund 2,5 Milliarden Euro im Jahr holt, auszugleichen, wird in der Regel alle fünf Jahre eine Steuerreform gemacht.

Im Grunde sind die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auch einig, dass eine Steuerreform mit einer Senkung des Eingangssteuersatzes von derzeit 36,5 Prozent (ab einem Jahreseinkommen von 11.000 Euro bis 25.000 Euro) kommen muss. Im Gespräch ist eine Senkung auf 25 Prozent. Das alleine würde laut Finanzminister Michael Spindelegger einen Einnahmenentfall von rund 4 Milliarden Euro bedeuten. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass das Budget für alle Universitäten zusammen nur etwas mehr als 2 Milliarden Euro beträgt.

Allerdings gibt es erhebliche Differenzen über das Wie und den Zeitpunkt. Wünscht sich die SPÖ etwa eine Gegenfinanzierung durch Vermögenssteuern - zuletzt hat der Wiener Bürgermeister Michael Häupl die Millionärssteuer wieder ins Spiel gebracht -, so ist die ÖVP für Einsparungen auf der Ausgabenseite. Da wird häufig die Verwaltungsreform bemüht. Aus dieser wollte man schon in den 1980er Jahren 50 Milliarden Schilling lukrieren, und noch immer ist von 4 Milliarden Euro die Rede, die man sich auf diesem Weg holen will. Zum Teil sind das aber eher Gedankenspiele, weil die föderalistische Struktur rasche Verwaltungseinsparungen nicht wahrscheinlich macht.

Steuerausnahmen kosten9 Milliarden

ÖGB-Präsident Erich Foglar wünscht, dass bis spätestens 2015 ein Beschluss vorliegt. Dann könnte eine Umsetzung auch in Etappen erfolgen. Am Montag hat der Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) Wolfgang Katzian nach der Sitzung der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter, dessen Vorsitzender er ist, ein Konzept mit drei Schwerpunkten genannt: Entlastung der Arbeitnehmer, Senkung des Eingangssteuersatzes und das Durchforsten von Schlupflöchern. "Wir erwarten uns bis Jahresende ein Ergebnis", sagte er. Katzian pocht auf eine "echte Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" und eine Gegenfinanzierung durch vermögensbezogene Steuern.

Skeptisch ist der FSG-Chef, was eine mögliche Gegenfinanzierung der Steuerreform durch die Streichung von Steuerbegünstigungen angeht - etwa die Streichung der steuerfreien Schmutz- und Erschwerniszulage. In Österreich gibt es mehr als 550 Steuerausnahmen. Schon Finanzministerin Maria Fekter wollte diese Steuerausnahmen streichen, zuletzt hat auch Finanzminister Michael Spindelegger in seiner Budgetrede dieses Projekt genannt. Rund 9 Milliarden Euro würde die Streichung aller Steuerausnahmen der Staatskasse an Mehreinnahmen bringen. Ein Betrag, mit dem eine sehr große Steuerreform finanziert werden könnte.

Allerdings ist das ein schwieriges Unterfangen, wie das Beispiel von der Schmutz- und Erschwerniszulage bereits zeigt. Ein derartiger Eingriff wäre von endlosen Verhandlungen mit den jeweiligen Interessengruppen begleitet.

Unterstützung erhält die Gewerkschaft von oberster Stelle: SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Werner Faymann hat begriffen, dass die Arbeitnehmer mit Volldampf auf Kurs Steuerreform sind, und ist auf den fahrenden Zug aufgesprungen. Er wünscht sich eine Steuerentlastung "sehr schnell", sagte er am Sonntag im "Kurier". Diese müsse ein großer Wurf werden, weswegen an einer Vermögenssteuer kein Weg vorbeiführe. Er wolle mit vier Milliarden Euro die "kalte Progression der letzten Jahre" ausgleichen und sich schnell mit der Volkspartei "zusammensetzen". Ohne Vermögenssteuer gäbe es aber "eine zu kleine Steuerreform", sagte der Kanzler. Bei der ÖVP stößt er damit weiter auf taube Ohren, Generalsekretär Gernot Blümel teilte am Montag erneut mit, dass seine Partei für "neue Belastungen" nicht zu haben sei.

Unterdessen können sich aber auch schwarze Arbeitnehmervertreter eine Steuerreform schon ab 2015 vorstellen, wie etwa der Chef der Christgewerkschafter (FCG), Norbert Schnedl. Aber auch die Präsidenten der beiden ÖVP-dominierten Arbeiterkammern in Tirol und Vorarlberg, Erwin Zangerl und Hubert Hämmerle, machen Druck und sie können sich sogar Vermögenssteuern vorstellen.