Strenger Schutz für Schwangere. | Missbrauch bei Elternteilzeit. | Wien. Der Kündigungsschutz von werdenden Müttern ist in Österreich sehr streng - nach Ansicht vieler Dienstgeber sogar zu streng. Sobald eine Arbeitnehmerin schwanger ist, kann sie für einen langen Zeitraum praktisch nicht mehr gekündigt werden. Hier gibt es nur wenige Ausnahmen - wenn etwa das Unternehmen in Konkurs geht. Doch selbst dann braucht der Arbeitgeber die Zustimmung des Gerichts, wenn die zu kündigende Person schwanger ist.
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Der Kündigungsschutz dauert bis vier Monate nach der Geburt des Kindes. Geht die Arbeitnehmerin in Karenz oder Teilzeitkarenz, kann sie bis vier Wochen nach Karenzende nicht gekündigt werden. Für Arbeitnehmer, die Elternteilzeit in Anspruch nehmen, die bis zum vierten Geburtstag des Kindes vereinbart werden kann, bedeutet das, dass der Arbeitsplatz bis vier Wochen nach dem vierten Geburtstag des Sprösslings gesichert ist. Danach gibt es für bis zu drei weiteren Jahren einen Motivkündigungsschutz: Wird der Mitarbeiter nur deshalb gekündigt, weil er Elternteilzeit in Anspruch nimmt, kann er die Kündigung anfechten.
Wenn die Dienstnehmerin während des Kündigungsschutzes nun wieder schwanger wird, beginnt das Spiel von Neuem.
"Das ist natürlich ein Problem für Dienstgeber", meint die Rechtsanwältin und Arbeitsrechtsexpertin Ruth Hütthaler-Brandauer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Unternehmer müssten Arbeitnehmerinnen oft über Jahre hinweg weiter behalten, selbst wenn diese ihre Arbeit nicht mehr zufriedenstellend erledigen. Zwar gibt es noch die Möglichkeit der Entlassung, nur müssen dafür - anders als bei einer Kündigung - besondere Gründe vorliegen. Außerdem muss auch bei der Entlassung einer schwangeren Dienstnehmerin vorher die Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts eingeholt werden.
Schutz für Familien
Für den Universitätsprofessor Wolfgang Mazal ist der strenge Kündigungsschutz "okay", weil er findet, dass Familien im Berufsleben unterstützt werden müssen. Außerdem hält der Arbeitsrechtsexperte die Regelungen für "zumutbar, da es für den Dienstgeber ja nur ein organisatorisches Problem ist". Schließlich fallen für die Zeit, in der die Arbeitnehmerin nicht arbeitet, für den Dienstgeber auch keine Kosten an.
Problematischer sieht Mazal hingegen die Elternteilzeit, die er für "nicht geglückt" hält. Hier sei die Missbrauchsgefahr wesentlich größer. Mütter wie auch Väter könnten durch eine bloß geringe Reduktion der Arbeitszeit von dem besonderen Kündigungsschutz profitieren.
Der Arbeitsrechtsexperte kritisiert weiters, dass die Elternteilzeit nicht von allen Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden kann, sondern nur, wenn diese in einem Betrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmern seit mindestens drei Jahren ununterbrochen beschäftigt sind. Damit würde man all jene Mitarbeiter gefährden, die kürzer angestellt sind. Der Dienstgeber könnte sich ihrer nämlich entledigen, bevor diese die drei Jahres-Grenze erreicht haben, um zu verhindern, dass sie in den Genuss der Elternteilzeit kommen.
Missglückte Regelung
Darüber hinaus hält Mazal die Regelung für unflexibel. Dienstnehmer und Dienstgeber können nämlich jeweils nur einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Elternteilzeit machen. Wenn sie sich nicht einigen können, bleibt nur noch der Weg zu Gericht, das sich wiederum zwischen dem Dienstnehmer-Vorschlag und dem Vorschlag des Unternehmers entscheiden muss. Eine Zwischenlösung ist nicht möglich.