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Das Bankgeheimnis und die Verfassung

Von Peter Warta

Gastkommentare
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Peter Warta ist Jurist

Die Angst der kleinen Sparer vor der Abschaffung des Bankgeheimnisses ist unbegründet.


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Österreichs Bankgeheimnis wurde gesetzlich fundiert im Kreditwesengesetz 1979, also in der späten Kreisky-Ära. 1988 beschloss der Nationalrat mit einer sogenannten Verfassungsbestimmung, dass das Bankgeheimnis "(...) vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden" kann.

Im Plenum des Nationalrates am 7. Juli erklärte damals Dr. Taus namens der ÖVP: "Warum haben wir den Verfassungsschutz gemacht? - Nicht um irgendetwas zu vertuschen, sondern einfach deswegen, um dem österreichischen Sparer zu sagen, dass es ein Anliegen ist, dass seine finanzielle Intimsphäre vom Staat nicht angegriffen werden soll. Wir stellen sie sogar unter Verfassungsschutz." Und weiter: "Das heißt aber nicht, dass wir dafür sind, dass irgendwelche ,Weißwaschmaschinen‘ nach Österreich gebracht werden sollen."

Im Bericht des Finanzausschusses an das Plenum vom 30. Juni 1988 wird die Angelegenheit allerdings prosaischer geschildert. Da "ergab sich das Bedürfnis nach einem besonderen Schutz des Kapitalanlegers (und da denkt man nicht unbedingt an den kleinen Sparer, Anm.) davor, dass Informationen über seine Guthaben von der Bank weitergegeben werden könnten". Zu der Zeit war Österreich noch nicht Mitglied der damaligen EG und heutigen EU, aber der Beitritt war das ins Auge gefasste Ziel. Daher überlegte der Ausschuss: "Zur Kompatibilität mit dem EG-Recht ist zu bemerken, dass das Bankgeheimnis (...) durch das geltende EG-Recht nicht untersagt wird." Die weitere Entwicklung könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Wie der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung eines europäischen Finanzraumes zu entnehmen sei, werde aber im Hinblick auf Abhilfemaßnahmen betreffend Steuerflucht "eine Verpflichtung der Banken, ihren Steuerbehörden Informationen über die von Gebietesansässigen der Gemeinschaft bezogenen Zinseinkünfte offenzulegen", in Betracht gezogen.

Im Finanzausschuss hoffte man also damals offenbar, mit Hilfe der erhöhten Hürden für die Abschaffung des Bankgeheimnisses dieses vor den "Abhilfemaßnahmen" gegen Steuerflucht retten zu können, indem man treuherzig bedauert, dass die erforderliche Mehrheit im Nationalrat leider nicht zustande zu bringen war. Es würde genügen, ein paar Abgeordnete an die Freiheit ihres Mandates und vielleicht auch an ihr Bankkonto zu erinnern und einzuladen, einer solchen Abschaffung ihre Stimme zu versagen.

Der kleine Sparer, den man schützen muss, ist eine Ausrede. Man beschwört seine Angst vor der Abschaffung des Bankgeheimnisses in der Hoffnung, ihm damit die Angst davor erst so richtig einzujagen. Sie ist unbegründet. Keine Bank hier oder anderswo wird, auch ohne das jetzige Bankgeheimnis, je dem Nachbarn oder der Schwiegermutter Auskunft über ein Konto geben. Es wäre aber hoch an der Zeit, dass es nicht mehr des Datendiebstahls durch selbsternannte Robin Hoods bedarf, damit die großen Fische der Steuergerechtigkeit ins Netz gehen.