Zum Hauptinhalt springen

Das Bankgeheimnis war erst der Anfang . . .

Von Alexander Van der Bellen

Gastkommentare

Internationale Kooperation gelingt - wenn hinreichend viele es wollen. Seit dem Vier-Parteien-Parlamentsbeschluss vom 1. September schließt sich Österreich dem OECD-Musterabkommen zur internationalen Amtshilfe bei Einkommen- und Vermögensteuern an.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Im Wesentlichen heißt das, dass Österreich in Hinkunft Auskünfte gegenüber ausländischen Steuerbehörden erteilen und nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern wird. Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt, schon gar nicht, wenn es nicht um die kleinen Fische, sondern um die fetten Karpfen geht.

Dies betrifft nur Steuerpflichtige des betreffenden Staates und erfolgt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Etwa muss es sich um eine bestimmte Person handeln; "fishing expeditions", bei denen ein breites Netz auch über Unverdächtige ausgeworfen wird, bleiben unzulässig.

Ob sich das Verfahren bewährt und die teilnehmenden Staaten - derzeit an die hundert - an Geist und Buchstaben der Regelung halten, wird in den nächsten Jahren in einem "peer-review"-Verfahren evaluiert. Die Prüfer kommen aus jeweils anderen Ländern. Das wird nationale Schönfärberei und nationale Ausflüchte hintanhalten.

Der Einigung ging erheblicher Druck seitens einzelner Staaten, vor allem der USA und Deutschlands, auf echte oder vermeintliche Steuerfluchtländer voraus. Als die Schweiz, beziehungsweise die Schweizer Großbank UBS, in die Knie ging und mit den US-Behörden einen Vergleich schloss, war die Sache im Wesentlichen geritzt.

In mindestens zwei anderen Wirtschaftsbereichen wäre internationale Kooperation dieser Art überfällig. Der eine ist die internationale Reregulierung der Finanzmärkte und eine Europäische Bankenaufsicht mit Zähnen. Still geworden ist es da, zu still. In der EU ist viel von besserer Vernetzung der nationalen Aufsichtsbehörden die Rede.

Im Kern sollen allerdings die nationalen Kirchtürme erhalten bleiben und bloß lautere Glocken bekommen. Speziell in Europa haben wir aber jede Menge transnational agierender Banken, deren Mütter und Töchter der jeweiligen nationalen Aufsicht unterliegen. Das kann und wird auf die Dauer nicht gut gehen.

Der andere Bereich ist der Übergang vom fossilen Industriezeitalter in eine kohlenstoffarme Wirtschaft und Energieversorgung. In den kommenden Jahrzehnten werden die Industrie nationen schrittweise aus Kohle, Öl und Gas aussteigen, motiviert durch Klimaveränderung, Versorgungsunsicherheit und Ressourcenerschöpfung.

Die Anpassungsprozesse bedürfen der wirtschafts- und sozialpolitischen Unterstützung und Steuerung auf nationaler und internationaler Ebene. Wird die Klimakonferenz Ende dieses Jahres in Kopenhagen den Durchbruch bringen?

Alexander Van der Bellen ist Abgeordneter der Grünen im Nationalrat.