Das Thema Sicherheitspolitik ist als Aufreger aufgetaucht. Interessant ist, dass keiner der Experten, die sich nun aus allen Ecken zu Wort melden, darauf verweist, dass die Überarbeitung der österreichischen Sicherheitsdoktrin, die behandelt wird, als geschähe sie hinter verschlossenen Türen, ein längst bekanntes Regierungsvorhaben ist. Der Zeitverzug bei der Fertigstellung hängt wohl mit dem Abwarten des Lissabon-Vertrags zusammen. Hier kommt das Bundesheer ins Spiel, für das in jeder Variante der sicherheitspolitischen Entscheidungen gelten muss: Es ist gut, dass man es hat, wenn man es braucht. Dass dem nach Zielsetzung, Qualität und Quantität entsprochen werden kann, dafür ist die Politik verantwortlich.
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Viele der zahlreichen Diskussionsbeiträge und Horrormeldungen gehen da ins Leere. Und es bedarf mehr als eines Herangehens mit in Unternehmen vielleicht angebrachtem Transformieren nach Effizienzkriterien zur Kostenminimierung. Als Maß für die Ergebnisbewertung ist das Vorgehen im Sinne eines buchhalterischen Abhakens von "geplant/gemacht" geeignet für eine Selbsttäuschung.
Heute, Jahre nach dem Abschluss der Reformkommission, braucht es auch eine Überprüfung der Übereinstimmung der damaligen Annahmen mit der neuen Sicherheitsdoktrin - und eine harte Bewertung der Verständnis- und Absichtenlage der politischen Verantwortungsträger, was eine ehrliche Umsetzung für das Bundesheer als wesentliches Instrument einer Sicherheitspolitik betrifft, die diesen Namen verdient. So gesehen wird man wohl einen neuen Anfang setzen müssen, zu dem möglicherweise auch die vorgestaffelte Einigung über das unverrückbare Grundverständnis von Militär gehört, das auch für das Unvorhergesehene in einem unvoreingenommen erstellten Aufgabenspektrum vorhanden, ausgebildet und ausgerüstet sein muss. Dass dazu auch die finanziellen Mittel gehören, braucht nicht extra betont zu werden.
Noch wichtiger wäre auch endlich eine Bewertung, ob viele gesetzliche Bestimmungen nicht in Wirklichkeit militäruntauglich und daher nur bürokratiefördernd sind (was dann da und dort auch gerne zum Bauen eigener Reiche genutzt wird). Können wir mit einem Personalrecht, angelehnt an das Verständnis des Verwaltungsbeamten, wirklich ein jederzeit einsatz- und aufwuchsfähiges Bundesheer - mit vernünftigem Mix aus Berufs-, Zeit- und Milizsoldaten, Rekruten und Reservisten - aufbringen und halten?
Zu oft schon wurden in gutem Glauben Reformpläne erstellt, die zwar (nach viel Arbeit und ehrlichem Bemühen) gutgeheißen wurden, deren Umsetzung dann aber unter Verweis auf viele Probleme "außerhalb des Einflussbereichs", gar nicht erst ernsthaft versucht wurde. Mit halber Kraft und halben Mitteln zu halben Zielen - so ähnlich wurde österreichische Politik schon einmal beschrieben. In der Sicherheitspolitik kann das, trotz allem vorgestanztem Gerede vom Feind, der ohnehin gerade nicht vor der Tür steht, auch einmal schiefgehen.
Karl Majcen war Generaltruppeninspektor des Österreichischen Bundesheeres.