Eine Stadt sucht einen Nachfolger für Bürgermeister Michael Bloomberg.
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New York. Michael Bloomberg ist auffallend abwesend vom Wahlkampf um seine Nachfolge, der in diesen Tagen in seine Endphase geht. Der Mann, bis vor kurzem als einer der populärsten Bürgermeister in der Geschichte der Stadt galt und der seit 2002 zweimal wiedergewählt wurde, hält sich lieber raus. Nicht eine einzige Wahlkampfveranstaltung hat er besucht und er hat sich auch bislang nicht dazu entschließen können, einem der demokratischen Kandidaten, die am 10. September ihren Spitzenreiter gegen die aussichtslosen konservativen Bewerber küren, seine Unterstützung zuzusagen.
Wenig Freude an potenziellen Nachfolgern
Mehr als einmal hat Bloomberg durchblicken lassen, wie wenig ihm die derzeitigen Kandidaten behagen. Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Den Anti-Bloomberg-Ton hat Bill de Blasio angeschlagen, der sich seit Wochen stabil an der Spitze der Meinungsumfragen hält. De Blasio hat formuliert, was in 12 Jahren Bloomberg niemand in der Stadt so deutlich auszusprechen gewagt hat. Das New York von Michael Bloomberg sei eine geteilte Stadt. Noch nie war der Unterschied zwischen Arm und Reich so groß in New York wie heute. Beinahe ein Viertel der Bürger leben unter der Armutsgrenze, die Spitzenverdiener, einschließlich des Milliardärs Bloomberg, sind so reich wie nie. Die Mittelschicht sei verschwunden, wer nicht Millionär ist, kann sich die Stadt praktisch nicht mehr leisten. Noch bis vor kurzem lobte man Bloomberg dafür, den Haushalt trotz wirtschaftlich rauer Zeiten brav in der Balance gehalten zu haben. Man freute sich darüber, dass er die Kriminalität auf einen Tiefstand gedrückt und die Lebensqualität verbessert hat. New York ist sauber, sicher und vorzeigbar geworden. Jeder Tourist kann sich wieder mitten in der Nacht nach Harlem trauen, am Times Square werden shoppende Familien nicht mehr von Pennern und Prostituierten belästigt.
New York vor demBankrott bewahrt
Mitte der 70er Jahre war New York am Rand des Bankrotts. Das Verschwinden von industriellen und von Handwerks-Jobs hatte die Stadt verelenden lassen, die Mittelschicht war in die Vororte geflohen. Die drohende Übernahme der Stadtgeschäfte durch übergeordnete Körperschaften, wie das heute in Detroit zu beobachten ist, ermöglichte politisch das Zurückfahren einer im Kern sozialdemokratischen Stadtpolitik. Es begann das, was Soziologen die Neo-Liberalisierung New Yorks nennen, eine harte Sparlinie mit dem Einstampfen von Sozialprogrammen und der absoluten Priorität von Anreizen für Großunternehmen.
Der Medientycoon war Macher zur richtigen Zeit
Dieser Weg gipfelte in der Wahl von Bloomberg im Jahr 2002, in der direkten Folge des 11. September. Der Macher Blomberg schien der Richtige zu sein, um die Krise zu managen, und er tat es mit allen Mitteln der modernen Unternehmensführung. Das Ergebnis ist ein New York, das kaum wiederzuerkennen ist. Die historischen Nutzungsbeschränkungen von 40 Prozent der Stadtfläche wurden aufgehoben, der flächendeckenden Luxussanierung durch Immobilien-Mogule, in deren Kreisen sich Bloomberg ohnehin bewegte, wurde Tür und Tor geöffnet. Bloomberg scheute sich nicht einmal davor, offen davon zu sprechen, dass er New York als Luxusprodukt sieht.
Die unteren Schichten waren in diesem Zusammenhang außer als Dienstleister nur noch Störfaktoren. Die Taxifahrer, U-Bahnschaffner, Portiers und Kellner pendeln heute weit aus den Außenbezirken nach Manhattan. Nach Dienstschluss verschwinden sie wieder, um das Bild nicht zu stören.
In der Metropole New York geben Reiche den Ton an
Das Versprechen Bloombergs, dass der Wohlstand der Superreichen irgendwann auch bei ihnen ankommt, hat sich nicht erfüllt. 2001 hat das reichste Prozent der New Yorker Bevölkerung 27 Prozent der Einkommen erzielt, 2012 waren es 39 Prozent. Die Armutszahlen sind in der gleichen Zeit konstant geblieben.
Das alles wird den New Yorker Bürgern nun langsam klar.
Sie schauen sich um und sehen eine Stadt, die mit dem bunten, lebendigen und vielleicht auch ein wenig schmuddeligen Schmelztiegel, den sie einst kannten und liebten, nichts mehr zu tun hat. Die Hoffnung, dass ein Bill de Blasio das wieder ändern kann, ist gedämpft. Schon jetzt stößt sein Vorschlag, die lokalen Einkommenssteuern der Top-Verdiener von 3,9 auf 4,3 Prozent zu erhöhen auf massiven Widerstand der Betroffenen. Und das sind diejenigen, die in New York das Sagen haben. Mit oder ohne Bloomberg.
Wissen
Am 10. September beginnen die Vorwahlen für die Kandidaten für das Amt des New Yorker Bürgermeisters. Bürgermeister Michael Bloomberg darf nicht mehr antreten.