Vier von zehn Personen gelten als Burnout-gefährdet. | Spiritualität stärkt die psychische Belastbarkeit. | Wien. Tippt man den Begriff "Burnout-Syndrom" bei Google ein, wirft die Suchmaschine nicht weniger als 527.000 Einträge aus. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass Burnout keine offiziell anerkannte Erkrankung ist. Im Rahmen des Seminars "Innere Leere und Innerlichkeit" erörtern Forscher des Instituts für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie in Wien morgen Mittwoch die Gründe für die Symptome.
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Der Begriff Burnout leitet sich vom sprichwörtlichen "ausgebrannt sein" ab. "Burnout- Syndrom" hat divergierende Indikationen als Ursachen. Daher liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, was im Zuge dessen im Gehirn passiert. Eine eindeutige Diagnose ist erst möglich, nachdem andere Erkrankungen (wie Blutarmut, Schilddrüsenerkrankung oder Depression) mit ähnlicher Symptomatik ausgeschlossen werden konnten.
Bei der Depression haben Forscher nachgewiesen, dass eine Störung des Hirnstoffwechsels, insbesondere des Serotoninspiegels, für die Symptome verantwortlich ist. Peter Hofmann, Neurologe und Psychiater an der Meduni Graz, sieht Parallelen zu Burnout. Sowohl die Symptome als auch der erhöhte Cortisol-Spiegel (Stresshormone) seien ähnlich. Ob auch der Hirnstoffwechsel beeinträchtigt ist, wurde bisher noch nicht erforscht.
Das Burnout-Syndrom besitzt neben der medizinischen jedoch auch eine gesellschaftspolitische Komponente, wie Hofmann in einer österreichweiten Erhebung zum Burn out-Risikopotenzial von Berufsgruppen (wie Lehrer, Notare, Richter) nachweisen konnte: "Von zehn untersuchten Personen sind sechs unbelastet, zwei befinden sich in Stufe eins, dem täglichen Burnout, und je eine Person zählt zu den Kategorien zwei und drei, wo die Belastungen schon manifest sind."
Doch warum werden sie manifest? Was erhöht das Burnout-Risiko? Zu den persönlichen Faktoren zählen ein übersteigerter Leistungsanspruch, ein ungesunder Lebensstil und mangelnde Psycho-Hygiene. Dazu kommt der Einfluss der Arbeitsbedingungen, allen voran Führungsstil und Betriebsklima. Arbeit und Privatleben stehen bei Burnout-Betroffenen meist in einem ungesunden Verhältnis zueinander. Laut dem Psychiater und Neurologen Raphael Bonelli, Leiter der Forschungsgruppe Neuropsychiatrie an der Sigmund Freud Privatuniversität, würden Betroffene ihr Privatleben permanent der Arbeit unterordnen, seien von der Arbeit emotional zu abhängig. Während bei Nicht-Betroffenen in der Hierarchie ihrer persönlichen Prioritäten sie selbst, Partnerschaft und Beziehungen an erster Stelle stehen, ist es bei den Betroffenen die Arbeit.
Ausrichtung des Selbst auf die Außenwelt
Bei psychischen Störungen und bei Burnout-Syndrom tritt auf, was die Psychopathologie als "innere Leere" bezeichnet - ein Gefühl von Antriebs- und Sinnlosigkeit. Für Bonelli existiert aber auch ein Gegenpol, die "Innerlichkeit". Damit meint er die innere, ureigenste Ausrichtung auf etwas, das außerhalb des Selbst liegt. Die Besinnung auf Innerlichkeit helfe Burnout-Betroffenen nachweislich, der Arbeit wieder ihren angemessenen Platz zuzuweisen.
"Das hat jedoch nichts mit Theologie zu tun, weil es nicht notwendigerweise um religiöse Inhalte geht", sagt Bonelli, der eine Studie zum Thema "Religiosität und Krankheitscoping" leitet. Vielmehr sei das Potenzial von Spiritualität zur Stärkung der psychischen Belastbarkeit unabhängig von der Konfession wissenschaftlich belegt. Und, wie auch Hofmann betont: "Psychische Fitness ist durch Meditation und ein aktiv geführtes Glaubensleben positiv beeinflussbar."
"Burnout: Innere Leere und Innerlichkeit", Mittwoch, 30. 3., 18.30 Uhr, Sigmund Freud Privatuniversität Wien