Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es gibt natürlich auch nachrichtenarme Zeiten. Damit gehen Medien unterschiedlich um. Die einen blasen Geschichten auf, die sonst nur eine Kurzmeldung gewesen wäre. Die anderen machen Geschichten, für die nie Platz war. Und dann gibt es die U-Bahn-Postille "Heute". Die kennt keine nachrichtenarmen Zeiten, die macht sich ihre Nachrichten einfach selbst. Vergangenen Freitag erschien da ein bemerkenswerter Artikel, in dem der Empörung darüber Ausdruck gebracht wurde, dass eine Radfahrerin, die bei Rot über die Kreuzung gefahren ist, von der Polizei gestoppt wurde und Strafe bezahlen musste. Genüsslich wurde auch vorgerechnet, wie lange Ersatzhaft droht (zwei Tage).
Ja, Gesetze gibt es halt, mag sich mancher kopfschüttelnd gedacht haben und das ganze als irgendwie sehr unnötig abgetan haben. Am Wochenende enthüllte der Medien-Watchblog Kobuk, dass die empörte Radfahrerin, der die Zeitung eine Plattform geboten hatte, ein nicht unwesentliches Mitglied der Redaktion selbst war, nämlich eine leitende Redakteurin. Am Montag setzte das Blatt noch eins drauf: Auch ein Fußgänger musste Strafe zahlen, weil er bei Rot über die Straße ging. Parbleu! Das Kalkül, die Leser auf die Seite der Bestraften zu ziehen, ging nicht ganz auf. Bei einer Umfrage auf der eigenen Homepage antwortete die überwältigende Mehrheit, es wisse doch jeder, dass man erst bei Grün losfahren darf. So gesehen war diese etwas andere Aufklärungskampagne zwar für den Rest der Welt unnötig. Aber immerhin die "Heute"-Redakteurin hat es noch einmal schwarz auf weiß: Bei Rot darf man nicht. Echt nicht.