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Das doppelte Spiel der Bayern

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft
© photonews.at/Georges Schneider

Bis wenige Tage vor der Verstaatlichung signalisierte die BayernLB der heimischen Aufsicht, sie würde zur Hypo stehen.


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Wien. Bei der Hypo Alpe Adria war es immer unmöglich, die Guten und die Bösen fein säuberlich auseinanderzuhalten. Genau das will der parlamentarische Untersuchungsausschuss erreichen, die Vorbereitungen im Hohen Haus dazu laufen auf Hochtouren.

Auch bei den Aufsichtsbehörden, denn auch sie werden den Parlamentariern Rede und Antwort stehen müssen, wer was wann gewusst hat beziehungsweise untätig blieb. Vor allem die Zeit vor und nach der Verstaatlichung der Kärntner Balkan-Bank wird unter die Lupe genommen.

Die genaue Durchsicht der Protokolle der Nationalbank förderte auch bisher wenig Beleuchtetes zutage. So spielte der damalige Eigentümer, die Bayerische Landesbank (BayernLB), in Österreich offenbar ein doppeltes Spiel. Denn der mittlerweile sattsam bekannte "Griss-Report" zur Hypo, beschreibt (mit dem Wissensstand Dezember 2014), dass am 20. November 2009 die Bayern dem heimischen Finanzministerium erstmals den Vorschlag unterbreiteten, die Republik Österreich solle die Hypo übernehmen.

Politik und Banken hatten jeweils eigene Ziele

Dem ging ein Telefonat zwischen den damaligen Finanzministern aus Bayern, Heinz Fahrenschon, und Österreich, Josef Pröll, voraus. Pröll befand sich zu der Zeit auf Urlaub, war also beim folgenden Gespräch nicht anwesend.

Noch am 9. Dezember ging die Nationalbank allerdings davon aus, dass sich die Bayern an einer Rekapitalisierung der schwer angeschlagenen Bank beteiligen würden, wie aus Unterlagen der Bank hervorgeht. Die BayernLB versicherte der heimischen Aufsicht zu diesem Zeitpunkt noch, die Eigentümerverantwortung wahrzunehmen. Am 15. Dezember 2009 um 6.30 Uhr wurde die Hypo dann verstaatlicht. Eineinhalb Stunden später wäre sie insolvent gewesen. Der von der Finanzmarktaufsicht (FMA) vorsorglich bestellte Regierungskommissär für die Bank wartete bereits in einem Klagenfurter Kaffeehaus.

Das doppelte Spiel der Bayern liegt wohl auch darin begründet, dass bei beiden Instituten Politik und Banken parallel liefen. Die BayernLB wird vom Freistaat Bayern kontrolliert, der für sie haftete. Und bei der Hypo Alpe Adria gab es die Haftungen des Landes Kärnten und seit Anfang 2009 auch (stimmrechtsloses) Partizipationskapital des Bundes. Auf politischer Ebene gab es also andere Prioritäten als im Vorstand der Bank. Und wohl auch andere Gesprächsinhalte.

Die Aufsichtsbehörden standen recht erstaunt vor den Aussagen der Vorstände beider Banken. Bei der Hypo hatte sich der Kapitalbedarf zwischen Mitte November und erster Dezember-Woche 2009 von 1,3 auf 2 Milliarden Euro erhöht, was alle Alarmglocken schrillen ließ - in Deutschland, in Österreich, aber auch in Brüssel. Denn die EU-Kommission musste zwei überschneidende Banken-Beihilfen gleichzeitig behandeln: jene der BayernLB aus Deutschland und der Hypo Alpe Adria aus Österreich.

Mit der EU-Kommission hatten die Aufsichtsbehörden aber nicht zu tun, ihr Augenmerk lag einzig darauf, die Mindestkapitalquote der Bank sicherzustellen. Ob dies dem EU-Recht entsprach oder nicht, war der Nationalbank ebenso wie der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) relativ egal. Diese äußerst unterschiedliche Sichtweise könnte - in Österreich - auch eine andere Kuriosität erklären: Erst Anfang Dezember 2009 wurde die Nationalbank darüber informiert, dass die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo 19,3 Milliarden Euro ausmachen.

Nur mit diesen Haftungen war es der Hypo möglich gewesen, die aggressive Expansionspolitik am Balkan zu finanzieren. "Wachstum war bis 2008 für keine Bankenaufsicht ein Thema. Nur Wachstum war für Investoren attraktiv", ist aus der Nationalbank zu hören. "Und bis dahin war die Hypo nicht unsere größte Sorge."

Den Schwarzen Peter will auch bei der Hypo keiner haben

Diese unterschiedliche Sicht auf die Banken hielt auch nach der Verstaatlichung an. Schon 2010 trat OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny für eine "Bad Bank" für die Hypo ein. Eine solche Ausgliederung, die nun als einzige Lösung übrig zu bleiben schien, hätte damals schon die Staatsschuld in die Höhe getrieben. Weder Finanzminister Pröll noch seine Nachfolgerin Maria Fekter folgten dem Rat der Nationalbank. "Zum damaligen Zeitpunkt gab es in der Hypo einen Vorstand und einen Aufsichtsrat, die eine Sanierung für möglich hielten. Was hätten diese Minister tun sollen? Da hätte es geheißen, die Politik mischt sich in Dinge ein, von denen sie keine Ahnung hat", ist aus dem Finanzministerium inoffiziell zu hören.

2015 ist alles anders, die Hypo wird am Ende in der Größenordnung von 10 Milliarden Euro gekostet haben, und die Frage wird lauten: Wer ist dafür verantwortlich? "Derzeit läuft das Schwarze-Peter-Spiel", sagt ein Involvierter. "Niemand will ihn haben."