Nordkoreas Satelliten-Pläne bereiten große Sorgen - doch die internationale Gemeinschaft hat kaum Möglichkeiten einzulenken.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Es ist mir eine Freude, Sie darüber informieren zu dürfen. . ." beginnt der nordkoreanische Brief an Ban Ki-moon. Verfasst ist das Schreiben in geradezu überschwänglichem Ton, doch gute Nachrichten überbringt es keinesfalls: Das Kim-Regime hat den Vereinten Nationen angekündigt, bis zum 25. Februar einen Satelliten mit dem klingenden Namen "Leitstern" in den Orbit schießen zu wollen. Die Mission sei friedlich, versicherten die nordkoreanischen Behörden. Es ginge ihnen lediglich um Daten zur Wettervorhersage und wissenschaftliche Zwecke.
Die USA, und nicht nur sie, befürchten jedoch niedere Absichten Pjöngjangs. Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un wolle den Geburtstag seines 2011 verstorbenen Vaters (16. Februar) mit einer militärischen Machtdemonstration begehen. Zudem sei der Raketentest ein weiterer Schritt auf dem Weg zur interkontinentalen Atomrakete, die auch die zehntausend Kilometer entfernt liegende Westküste der USA umfassen könnte.
Washington fordert daher erneut, was es seit dem Wasserstoffbombentest von Anfang Jänner fordert: die Sanktionen gegen das Kim-Regime zu verschärfen. Die Japaner haben ihr Militär in Alarmbereitschaft versetzt, um mögliche Raketen abzufangen, die ihre territoriale Souveränität gefährden könnten. Auch die südkoreanische Regierung kündigte an, der Norden würde einen "hohen Preis zahlen", sollte er seinen Plan umsetzen.
Die meisten Experten sind sich jedoch einig, dass genau das nicht passieren wird. Es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass der Westen sein - nicht-militärisches - Drohpotenzial bereits ausgeschöpft hat. Selbst China wirkt in der Nordkorea-Frage wie bloßgestellt: Nordkoreas Ankündigung folgte ausgerechnet am selben Tag, als das Reich der Mitte seinen höchsten Gesandten, Wu Dawei, nach Pjöngjang geschickt hat.
Nordkorea hat hinlänglich bewiesen, dass es sich nicht von wirtschaftlichen Sanktionen von seinem Kurs abbringen lässt - und ebenso wenig durch finanzielle Anreize: Erst am 29. Jänner hatten die Vereinten Nationen dem nordkoreanischen Staat Hilfslieferungen in der Höhe von acht Millionen Dollar zugesichert.
Auf der Prioritätenliste des Regimes steht der Selbsterhaltungstrieb an erster Stelle, das wirtschaftliche Wohl seines Volkes folgt weit dahinter. Gleichzeitig deutet wenig darauf hin, dass wirtschaftliches "Ausbluten" politische Opposition innerhalb der Bevölkerung katalysieren würde. Das beweist ein Blick auf die neunziger Jahre, als Hungersnöte mehreren hunderttausend Nordkoreanern das Leben kostete. Die allermeisten Nordkoreaner, die damals nach Südkorea geflohen sind, haben erst im Ausland angefangen, ihren "Geliebten Führer" in Frage zu stellen. Immer wieder berichten ausländische Beobachter, dass die Raketentests in der Bevölkerung geradezu gefeiert werden wie in anderen Ländern eine Fußballweltmeisterschaft.
Umso makaberer mutet eine Meldung des Fachmediums "Daily NK" an: Nach seinem letzten Raketentest soll Kim Jong-un ausgerechnet die politischen Gefangenen eines umliegenden Lagers zu den Aufräumarbeiten beordert haben - ohne Schutzkleidung gegen radioaktive Kontamination.