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Das Einmaleins des Schuldenmachens

Von Erhard Fürst

Gastkommentare

Stephan Schulmeister hat in seinem Gastkommentar Das Einmaleins des Sparens ein scheinbar einleuchtendes Argument für immer mehr Staatsschulden gebracht. Sein Herr Schmatz gibt im Jahr 7300 Euro für seinen täglichen Restaurantbesuch aus und trägt damit (samt indirekten Effekten wie zusätzliche Nachfrager nach Köchen, Kellnern und Vorprodukten) 15.000 Euro zum BIP bei. Herr Schmatz wird arbeitslos, die fehlenden 15.000 Euro ersetzt der Staat durch zusätzliche Schuldenaufnahme.


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Vergessen wir, dass ein durchschnittlicher österreichischer Schmatz von jedem Euro, den er verdient, ein Drittel für importierte Waren ausgibt, die nichts zum österreichischen BIP beitragen. Auch wenn 100.000 Schmatzs arbeitslos werden, ist das kein Problem. Der Staat leitet zusätzliche 1.500.000.000 gepumpte Euro in die Wirtschaft. Um die Logik ins Extreme zu treiben: Wenn alle Österreicher arbeitslos würden, müsste der Staat eben noch mehr Schulden aufnehmen.

Natürlich schafft er mit den zusätzlichen Milliarden auch Arbeitsplätze, aber keine nachhaltigen. Sie fallen wieder weg, wenn der Staat seine Schuldenpolitik stoppen muss, weil ihm keiner mehr - siehe Griechenland - Kredit gewährt. Für Schulmeister ebenfalls kein Problem: Anders als Herr Schmatz, der wegen des Arbeitsplatzverlustes seine Ausgaben reduzieren muss, kann der Staat zusätzliche Ausgaben durch Steuererhöhungen finanzieren. Dieses "Erfolgsrezept" ist allerdings in einer ernsten Wirtschaftskrise kontraproduktiv, weil die Steuerbasis wegbricht. Aber auch im Normalfall bedeuten höhere Steuern einen Entzug privater Konsum- und Investitionskraft zugunsten staatlicher Verschwendung und Ineffizienz sowie eine massive Verschlechterung der Standortattraktivität eines Landes und des längerfristigen Wachstumspotenzials. Man denke nur an Sky Link, Koralmtunnel, Spitalswesen und ähnliches.

Man kann die Story auch anders erzählen. Herr Schmatz wird arbeitslos, erhält vom AMS eine marktorientierte Weiterbildung, findet einen besseren Job oder macht sich selbständig. Er trägt mehr zum BIP bei als vorher, der Staat muss keine zusätzlichen Schulden aufnehmen, sondern kann im Gegenteil Steuern senken. Der Wirtschaftsstandort wird für Investoren attraktiver, und Investitionskapital fließt ins Land, Wachstum und Beschäftigung steigen.

Wenn man schon wie Schulmeister staatlichen Defiziten das Wort redet, sollte man zumindest fordern, dass in Jahren der Hochkonjunktur spiegelbildlich budgetäre Überschüsse erwirtschaftet werden. Der Verschuldungsspielraum eines Staates ist zwar größer als der von Herrn Schmatz, aber auch begrenzt, wie die gegenwärtige Krise von hochverschuldeten Ländern zeigt. Das Einmaleins des Sparens gilt für beide.

Erhard Fürst war viele Jahre Leiter der Abteilung Industriepolitik und Wirtschaft in der Industriellenvereinigung.