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Das Ende der Anonymität

Von Rosa Eder-Kornfeld

Politik

Die Polizei setzt auf Gesichtserkennung zur Verbrechensaufklärung. Sie liefert aber keine hundertprozentige Trefferquote.


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Wien. Auf der Jagd nach Bankräubern, Mördern und Terroristen setzt die österreichische Polizei künftig Gesichtserkennungs-Software ein. Dabei werden Fotos von Personen abgeglichen, die bereits polizeibekannt sind, heißt es. Das Bundeskriminalamt spricht von einem sehr kleinen Prozentsatz an Straftaten, bei der die neue Technologie zum Einsatz kommen werde.

Bleibt die Frage, womit man Bilder von unbekannten Tätern abgleicht, die noch nicht in einer Datenbank der Polizei sind. Und: "Man überschätzt die Trefferquote", sagt Angelika Adensamer, Juristin bei der NGO epicenter.works, die sich gegen überbordende Überwachung und für das Grundrecht auf Privatsphäre einsetzt.

Unbescholtene Bürgerunter Verdacht

Adensamer verweist auf das Pilotprojekt "Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz", das 2017 von der deutschen Bundespolizei gemeinsam mit der Deutschen Bahn durchgeführt wurde. Bei einem Test von drei Gesichtserkennungssystemen wurde eine Trefferquote von 80 Prozent erreicht. Somit wurden von je zehn gesuchten freiwilligen Testpersonen acht richtig erkannt und zwei nicht. Die Rate falscher Treffer lag bei 0,1 Prozent, das heißt: Von je 1000 Passanten, die nicht als Testpersonen teilnahmen, wurden 999 als unverdächtig und einer fälschlicherweise als gesuchte Person klassifiziert. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer feierte den Testlauf zur Gesichtserkennung als großen Erfolg. Kritiker wendeten ein, die Deutsche Bahn zähle täglich 12,7 Millionen Reisende. Eine Fehlerrate von 0,1 Prozent hätte täglich 12.700 Falsch-Verdächtigungen unbescholtener Bürger zur Folge.

Beim Einsatz von biometrischen Gesichtserkennungssystemen ist China weltweit führend. Dort wird Gesichtserkennung nicht nur für Zutrittskontrollen und zum Aufspüren von Verbrechern eingesetzt, sondern etwa auch zur Bestrafung von Autofahrern, die sich rechtswidrig verhalten. In der Stadt Jinan nehmen Gesichtserkennungsanlagen an Kreuzungen Fotos und ein kurzes Video auf, wenn sie Fußgänger erkennen, die die Straße bei Rot überqueren. Die Fotos erscheinen auf Monitoren, gemeinsam mit persönlichen Informationen wie zum Beispiel der Wohnadresse. Damit will man unachtsame Fußgänger "erziehen" und die Verkehrssicherheit erhöhen. Chinesische Konsumenten finden mittlerweile auch nichts mehr dabei, in Geschäften mit einem Blick in eine Kamera zu bezahlen.