Kompetenzen für Spitäler sollen in Verfassungsgesetz verankert werden. | Zentrale Planung, Steuerung und Qualitätskontrolle. | Im Zentrum steht der Patient. | Wien. Drei Faktoren sind verantwortlich dafür, dass das Gesundheitssystem teurer wird: die Alterung der Gesellschaft; die Zunahme von chronischen Erkrankungen; mangelnde Prävention und mangelndes Gesundheitsbewusstsein. Aber vor allem bei den Krankenhäusern entwickeln sich die Kosten überproportional.
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Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat am Donnerstag Abend seinen "Masterplan Gesundheit" vorgelegt. Dieser geht vor allem vom Patienten aus, darauf legt Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling, der den Masterplan gemeinsam mit der Vorsitzenden aller Kassen, Ingrid Reischl, präsentierte, Wert. Es gehe nicht um die Befindlichkeit der Politiker, sondern um die Befindlichkeit der Versicherten.
Die Sozialversicherung lädt die Stakeholder des Gesundheitssystems - Bund, Länder, Gemeinden im ersten Quartal 2011 zu einer "nationalen Gesundheitskonferenz" ein. Dort sollen auf Basis ihres Papiers Eckpfeiler einer Gesundheitsreform und ein Zeitplan erarbeitet werden. Allerdings erwartet der Hauptverband, dass auch die anderen Stakeholder ebenfalls Konzepte vorlegen. Die Zeit drängt, denn die Reform soll schon mit dem nächsten Finanzausgleich, der ab 2014 gilt, umgesetzt werden.
Geht es nach dem Hauptverband und den Kassen, wird in Zukunft die Steuerung, die Planung und die Qualitätssicherung des gesamten Gesundheitssystems beim Bund sein. Die Finanzierung soll - eine langjährige Forderung von sehr vielen Gesundheitsökonomen - aus einem Topf erfolgen.
Vor allem geht es um einen Konsolidierungskurs für das Spitalswesen. Die Krankenhäuser erhalten 11 Milliarden Euro - 35 Prozent davon kommen vom Hauptverband - und haben jährlich gemeinsam einen Abgang von 1,5 Milliarden Euro. Beängstigend ist für Schelling aber, dass sich die Ausgaben der Spitäler nicht entlang der Entwicklung des BIP bewegen, sondern mehr als doppelt so hoch - mit Ausgabensteigerungen um die 4,5 Prozent - sind. Verantwortlich dafür ist häufig regionaler Egoismus. Beispiele sind etwa die Spitäler Hainburg (Niederösterreich) und Kittsee (Burgenland) oder Baden und Mödling (beide NÖ), die nur wenige Kilometer voneinander entfernt sind.
Im Rahmen des nächsten Finanzausgleichs soll daher ein Kostenentwicklungspfad bis 2020 vereinbart werden, der sich an der Entwicklung des BIP orientiert. Die Einhaltung des Pfades soll ein Controlling sichern.
Welche Spitäler und welche Abteilungen gebraucht werden, soll künftig zentral - von Bundesseite - geplant werden. Wo genau diese hinkommen, könne regional entschieden werden, sagt Schelling. Aber "gefordert ist ein Blick über den Tellerrand". Planung, Steuerung und Qualitätssicherung müssten zentral erfolgen.
Zersplitterung zum Schaden der Patienten
Die Fragmentierung des österreichischen Gesundheitswesens liegt vor allem an der Kompetenztrennung zwischen Spitälern und niedergelassenen Ärzten. An dieser Fragmentierung leiden auch die Patienten, weil es an den Schnittstellen immer wieder zu Informationsverlusten kommt. Bei den Spitälern sind die Kompetenzen noch einmal geteilt: Der Bund macht die Grundsatzgesetzgebung, die Länder sind für Ausführung und Vollzug zuständig - jedes Bundesland hat ein eigenes Krankenanstaltengesetz. Schelling wünscht sich, dass die Spitalskompetenzen von den Ländern zum Bund verschoben werden: durch ein Gesetz im Verfassungsrang.
Über die Strukturen selbst will Schelling erst dann reden, wenn die Strategie feststeht.