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Das Ende der Genmais-Importverbote

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Keine Änderung der umstrittenen Zulassungsregeln. | Brüssel vertraut weiter auf EU- Lebensmittelbehörde. | Brüssel. Es wurde lange erwartet und kam dann dennoch überraschend: Am Mittwoch kippte die EU-Kommission die österreichischen Importverbote für die gentechnisch veränderten Maissorten Mon 810 vom US-Biotechriesen Monsanto und T25 von Bayer.


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Denn bereits letzten Oktober konnte Umweltminister Josef Pröll nach mehreren Anläufen Brüssels nicht mehr die notwendige qualifizierte Mehrheit seiner EU-Kollegen hinter den österreichischen Verboten versammeln. Allerdings konnten Prölls Unterhändler erreichen, dass lediglich die Import-, nicht aber die Anbauverbote ausgehebelt werden. Diese bleiben unverändert bestehen. Am umstrittenen Bewilligungsmechanismus der GVO (gentechnisch veränderte Organismen) auf Basis der stets positiven Gutachten der EFSA (EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde) will die Kommission in absehbarer Zeit nichts ändern.

US-Sanktionen

Umweltkommissar Stavros Dimas hatte die Aufhebung der Importverbote trotz massivem Druck der WTO und einiger seiner Kollegen so lange wie möglich hinausgezögert. Er gilt in der EU-Kommission als einer der größten Skeptiker gegenüber den künstlich mutierten Feldfrüchten.

Seit Monaten blockiert er auch die Zulassung der antibiotikaresistenten BASF-Industriekartoffel Amflora sowie der beiden genetisch modifizierten Maissorten Bt11 und 1507 für den Anbau in der EU. Der deutsche Chemieriese hat Dimas bereits öffentlich vorgeworfen, EU-Recht zu brechen und mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht.

Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso wurde es letztendlich zu bunt. Schließlich könnten die vor der WTO siegreichen USA wegen der österreichischen Verbote ab Juni Handelssanktionen gegen die EU verhängen. Nun sollen alle anstehenden Autorisierungen gemäß den geltenden Regeln zügig abgewickelt werden.

Umstrittene GVO mit Antibiotikaresistenzen wie Amflora sollen - wie die beiden Genmaissorten - vorsichtshalber ein weiteres Mal von der EFSA untersucht werden. Deren wissenschaftlichen Rat vertraue die Kommission weiterhin uneingeschränkt, teilte sie mit. Er ist die Basis für die Bewilligung durch die Kommission, wenn die Mitgliedsstaaten keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Zulassung zustande bringen.

Das passiert recht häufig, weil einander zwei etwa gleich große Gruppen von EU-Ländern für und gegen die Gentechnik gegenüberstehen. So monieren Kritiker längst, dass die EFSA lediglich die von den Herstellern der GVO gelieferten Unterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität prüfe, selbst aber über keinerlei Laborkapazitäten verfüge und noch nie einen Antrag abgelehnt habe.

Für Österreich ändert sich unterdessen durch die Aufhebung der Importverbote in der Praxis vorerst nichts. Eine Auskreuzung mit konventionellen oder biologisch angebauten Maissorten bleibt durch die weiter bestehenden Anbauverbote ausgeschlossen.

Ein Boykott der Genmais-Produkte durch den österreichischen Handel sorgt dafür, dass die Mutanten weiterhin aus der heimischen Nahrungskette ausgeschlossen bleiben.

Landwirtschaftsminister Pröll bedauerte die Entscheidung der EU-Kommission. Man halte an dem Anbauverbot fest, weil dabei wesentliche Fragen nach wie vor ungeklärt seien. Daher erwarte man von der EU-Kommission, dass sie in der Frage der Ko-Existenz - also dem Nebeneinander von herkömmlichen und gentechnisch veränderten Pflanzen - Vorschläge macht. Umweltorganisationen und Opposition zeigten sich bestürzt.