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Das Ende der Gießkanne naht

Von Simon Rosner

Politik

Finanzminister Brunner will wieder mehr Budgetdisziplin und treffsicherere Maßnahmen.


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"Es ist sicher so, dass es bei den Covid-Hilfen Überförderungen gab." Das ist zwar keine sehr gewagte These, aber eine mit Gewicht, denn sie kam am Dienstag von Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Am selben Tag berichtete der "Standard" davon, dass bisher von 3.525 Unternehmen insgesamt rund 46,5 Millionen Euro an zu Unrecht bezogenen Hilfen zurückgezahlt wurden. Dabei geht es aber um Förderungen, die fälschlicherweise beantragt und/oder ausgezahlt wurden. Im Konzert der Hilfen, das seit Frühling 2020 von der Covid-Finanzierungsagentur des Bundes, kurz Cofag, dirigiert wird, ist das nur ein kleiner Missklang. Es handelt sich um ein Promille des Gesamtbetrags von bisher 47 Milliarden Euro Covid-Hilfen.

Felbermayr bezog sich bei einer Pressekonferenz mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) auf die Frage, ob die außergewöhnlich starken Steigerungen der Steuern auf Unternehmensgewinne und Kapitalerträge als Indiz für zu freigiebige Förderungen während der Pandemie gelesen werden können. "Die letzten Jahre waren für Unternehmen sehr gut", antwortete der Ökonom. Die Hilfen seien nicht der einzige Grund für diese Entwicklung, sondern auch die gute Konjunktur sei verantwortlich, die allerdings nicht alle Branchen zu gleichen Teilen traf. "Es hat Verschiebungen innerhalb der Wirtschaft gegeben." Der Industrie-Sektor hatte besonders gute Jahre. Felbermayr sagte aber eben auch: "Es hat sicher Überförderung gegeben."

Wie hoch diese ist, lässt sich auch deshalb schwer ermessen, weil der Begriff selbst unscharf ist. Das linke Momentum Institut definiert als Überförderung jenen Teil der ausbezahlten Hilfe, ab dem ein Unternehmen in die Gewinnzone rutscht. Bei einer kürzlich präsentierten Analyse schätzte Momentum die Überförderung auf 598 Millionen Euro. Diese Summe sei als "absolute Untergrenze" anzusehen, hieß es damals. Im Jahr 2020 seien mehr als zwei Drittel der ausgewerteten, fast 8.000 Unternehmen überfördert worden, im Jahr darauf seien es demnach sogar 85 Prozent gewesen.

"Das Gute an hohen Unternehmensteuern ist, dass ein guter Teil der Überförderung wieder zurückfließt. Das ist eine gewisse Nachkorrektur", sagte Felbermayr am Dienstag. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer sind von 9,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf im Vorjahr 13,6 Milliarden Euro kräftig angestiegen. In den Bundesvoranschlag hatte das Finanzministerium nur eine marginale Erhöhung auf 10 Milliarden hineingeschrieben, die Erwartungen wurden also deutlich übertroffen.

Nettofinanzierungssaldo kleiner als prognostiziert

Während die Körperschaftsteuer stets einen Zeitverzug aufweist und daher die Abgaben auf Unternehmensgewinne aus dem Jahr 2022 noch nicht aufscheinen, ist die Steigerung bei der Umsatzsteuer klar teuerungsbedingt. Prognostiziert worden war ein durchaus kräftiger Schub aufgrund des erwarteten Wirtschaftswachstums. Das Plus fiel dann noch etwas höher aus, wobei dieses vor allem auf die höheren Preise zurückzuführen ist. In der Menge trübte sich der Konsum ein, erklärte der Wifo-Chef, die Nachfrage sank, das hohe Preisniveau ließ die Umsatzsteuereinnahmen aber sprudeln.

Am Ende des Jahres 2022 stand nun ein Nettofinanzierungssaldo von 20,8 Milliarden Euro. Der Staat gab wieder mehr aus, als er einnahm. Der negative Saldo fiel aber etwas geringer aus als ursprünglich angenommen. Im Bundesvoranschlag war mit einem Minus von 23,1 Milliarden Euro gerechnet worden. Während die Lohnsteuer eine Punktlandung war und das inflationsbedingte Plus bei der Umsatzsteuer durch die Hilfsmaßnahmen zur Abfederung mehr als nur kompensiert wurde, rettete diesmal vor allem die Körperschaftsteuer sowie die Einkommensteuer den Budgetvollzug.

Das Niveau bei den Unternehmenssteuern wird laut dem aktuellen Budgetplan hoch bleiben, auch wenn sich der Steuertarif ändern wird. Mit Jänner ist die Senkung um einen Punkt auf 24 Prozent wirksam geworden, Anfang 2024 sinkt die KÖSt dann weiter auf 23 Prozent. Es ist aber anzunehmen, dass vor allem die Energiekonzerne durch sehr hohe Gewinne in diesem Jahr zu einem weiteren Rekordergebnis beitragen werden.

Brunner war bei der Präsentation des Vollzugs gemeinsam mit Felbermayr anzumerken, dass er künftig stärker auf die Fiskalbremse steigen will, national wie auch auf EU-Ebene. Zu klaren Aussagen ließ sich der Finanzminister aber durch Journalistenfragen nicht drängen. Es sei schwierig, zu sagen, welche Folgen der Krieg noch nach sich ziehe, erklärte Brunner. Zur Abfederung bei Mieten könnte sich aber noch etwas tun (siehe Artikel Seite 14).

Schnittstellen für mehr Treffsicherheit geplant

Ein Ziel für das erste Halbjahr ist, die Treffsicherheit für Hilfsmaßnahmen auszubauen. Die Kritik wegen zu viel "Gießkanne" bei den Hilfsmaßnahmen schallt nicht nur durch die Reihen der Opposition, Brunner sprach es vielmehr selbst an. Die Regierung wollte vor allem schnell und unbürokratisch helfen, das bedingte jedoch weniger Treffsicherheit.

Dahinter steckt aber auch ein rechtliches und technisches Problem, wie Brunner schilderte. "Wir müssen den Datenschutz ändern", sagte der Finanzminister. In verschiedenen Ministerien liegen verschiedene Daten, die nicht verknüpft sind. Das Finanzministerium verfügt naturgemäß über Einkommensdaten, hat aber keine Informationen über die Haushalte, in denen diese Personen leben. Das ist aber wichtig, um Haushalte gezielt unterstützen zu können.

Im Ministerium ist Staatssekretär Florian Tursky damit betraut, neue Schnittstellen zu schaffen und die notwendigen gesetzlichen Anpassungen auf den Weg zu bringen. Am Ende soll es möglich sein, schnell und treffsicher zu helfen. "Die Zeit von billigem Geld ist vorbei." Der Zinsdienst ist um 2,8 Milliarden Euro gestiegen, deutlich mehr als veranschlagt. Und das Zinsniveau ist seither weiter gestiegen.

Reaktionen der Opposition~ SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer kritisierte die Wirksamkeit der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen: "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen die Übergewinne der Konzerne an der Kassa und die Milliardensubventionen für Konzerne mit ihren Steuern", schrieb er in einer Aussendung. Auch der letzte Woche beschlossene, sieben Milliarden Euro schwere Energiekostenzuschuss für Unternehmen werde "die Preise für die Haushalte um keinen Cent senken, aber die Gewinne der Unternehmen erhöhen".

Für den FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer wirken die Maßnahmen der Regierung ebenfalls zu wenig. Die Kaufkraft stagniere noch immer. "Was aber stimmt, ist, dass der große Krisengewinner der Staat samt ÖVP-Finanzminister Brunner ist, aber die großen Verlierer sind die Österreicher, die seit Monaten unter einer extremen Teuerungswelle zu leiden haben."

Die Neos forderten angesichts der Präsentation des Budgetvollzugs erneut eine zielgerichtete Unterstützung für jene, "die es wirklich brauchen". Stattdessen hänge Brunner den Schulden-Rucksack den nächsten Generationen um, kritisierte Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Nicht verständlich sei die "enorme Summe von 660 Millionen Euro" für Kurzarbeit. "Hier zeigt sich das Problem, dass einmal aufgesetzte Hilfsinstrumente nicht rasch genug zurückgenommen werden", so Loacker.