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Das Ende der roten Zuversicht

Von Vilja Schiretz

Politik

Rote Funktionäre waren nach der Tirol Wahl zufrieden. Jetzt rief die "Wiener Zeitung" nach Niederösterreich erneut an.


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Mit dem Ergebnis der Tirol-Wahl konnte man leben. Als die SPÖ im September mit rund 18,5 Prozent im Vergleich zur Landtagswahl 2018 stabil blieb, sah man in der Bundes-SPÖ kaum Grund zur Sorge. Man lag in den Umfragen voran, hatte das Gefühl, sich vor allem beim Thema Teuerung gut positionieren zu können. Endlich, so der Tenor damals bei einem Rundruf der "Wiener Zeitung" unter einigen Parteifunktionären, habe die SPÖ in ihre Rolle als Oppositionspartei gefunden und könne vom Schwächeln der ÖVP profitieren.

Von dieser Zuversicht ist vier Monate später nach einem enttäuschenden Abschneiden bei der Niederösterreich-Wahl nicht mehr viel übrig. Obwohl die SPÖ-Kernthemen Inflation und steigende Lebenserhaltungskosten laut einer Sora-Befragung die am häufigsten diskutierten Themen bei der Niederösterreich-Wahl waren, verlor die Sozialdemokratie drei Prozentpunkte. Die "Wiener Zeitung" rief deshalb dieselben Funktionäre ein zweites Mal an und fragte nach einer etwaigen Neubewertung.

Der SPÖ fehlt es an Glaubwürdigkeit

Vor einigen Monaten sei die Stimmung in der Partei noch grundsätzlich positiv gewesen, nun habe sich das Blatt gewendet, heißt es jetzt. Denn auch in bundesweiten Umfragen fällt die SPÖ immer deutlicher hinter die FPÖ zurück, die im Herbst noch gleichauf lag.

Weitgehend einig sind sich die Funktionäre, jüngere und ältere, Frauen und Männer, auch diesmal. Nur in einem anderen Punkt: Man müsse die Gründe für das bescheidene Abschneiden jetzt jedenfalls analysieren und aus der missglückten Wahl seine Lehren ziehen. Der erste Befund fällt durchaus scharf aus: Das niederösterreichische Ergebnis zeige, dass es der SPÖ an Glaubwürdigkeit fehle. Denn während die FPÖ traditionell von Debatten um Asyl und Migration profitiert, sei es den Freiheitlichen offenbar auch bei Debatten rund um die Teuerung besser gelungen, die Wähler zu überzeugen. Man müsse sich nun ansehen, woran es liege, dass viele Wählerinnen und Wähler der FPÖ hier offenbar mehr Lösungskompetenz zutrauen als den Sozialdemokraten - selbst nach der von Skandalen gezeichneten Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP zwischen 2017 und 2019.

Möglicherweise gelinge der FPÖ die Kommunikation besser, indem sie auf klare, einfache Botschaften setzt, die bei der Bevölkerung hängenbleiben, lautet eine Vermutung. Hier könnte sich die SPÖ vielleicht etwas abschauen, so die Hoffnung.

Ansehen, was bei den anderen gut funktioniert: Dieses Motto ist am Montag immer wieder zu hören. Was das für die Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner bedeutet, wird sich erst weisen. Nachdem vor allem die SPÖ Burgenland Rendi-Wagner immer wieder öffentlich kritisiert und ihren Parteivorsitz in Frage gestellt hatte, waren während des sommerlichen Umfragehochs Zwischenrufe dieser Art weitgehend verstummt, zumindest beim Thema Teuerung schien man über die Ländergrenzen hinaus auf einer Wellenlänge zu sein. Rendi-Wagner saß fest im Sattel.

Doch nun könnten härtere Zeiten auf die Vorsitzende zukommen. Wenn Doskozil und seine Themen gut ankommen, dann müsse man das zu Kenntnis nehmen und darauf achten, wie die SPÖ bundesweit und in anderen Bundesländern davon profitieren könne, betont ein roter Funktionär, wohlgemerkt nicht aus den Reihen der burgenländischen Landespartei. Man müsse eben sehen, was für die Sozialdemokratie am besten sei und persönliche Befindlichkeiten hintanstellen.

Nächste Wahlen inKärnten und Salzburg

Andere mahnen wiederum zur Contenance. Die Wahl in Niederösterreich sei keine Nationalratswahl, das Ergebnis lasse sich nicht eins zu eins auf die Bundesebene übertragen. Man müsse sich erst einmal in Ruhe ansehen, inwieweit bundespolitische Faktoren in das Ergebnis hineingespielt hätten und welche Lehren man daraus ziehen könnte.

Auch Jörg Leichtfried, stellvertretender Klubchef der SPÖ, versuchte am Montag bei einer Pressekonferenz zu den Plenartagen im Nationalrat diese Woche zu beschwichtigen. Vor allem sei die Wahl in Niederösterreich eine "krachende Niederlage" für die ÖVP gewesen. Das Minus für die Sozialdemokratie sei zwar bedauerlich, doch das schwarze Kernland sei nie ein leichtes Pflaster für die SPÖ gewesen. Immerhin hätten die Sozialdemokraten als einzige Partei auf die richtigen Themen gesetzt. Die Analyse der Wahl werde nun "noch ein bissl Zeit brauchen".

Zeit, die die SPÖ kaum hat: Immerhin steht die Landtagswahl in Kärnten bereits Anfang März bevor, hier gilt es für SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser, seine klare Mehrheit aus dem Jahr 2018 zu verteidigen. Ende April folgt dann die Wahl in Salzburg.

Ernst wird es spätestens im kommenden Jahr: 2024 stehen mit der EU-Wahl und vor allem der Nationalratswahl zwei Urnengänge an, bei denen sich wohl niemand in der SPÖ ein niederösterreichisches Ergebnis wünscht.