Experte: Wiener Akademikerbund "bekannt für weit rechts stehende Positionen". | Pröll hat Schreiben nicht gekannt. | Wiener erkennen Absetzung nicht an. | Wien. Für den Wiener Akademikerbund ist es am Freitag ernst geworden. Auf Initiative von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, Obfrau des steirischen Akademikerbundes, hat das Präsidium der Bundesorganisation am Freitagnachmittag alle 21 Mitglieder des Wiener Vorstands mit sofortiger Wirkung ihrer Ämter enthoben. | Leitartikel - liberal ist das nicht
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Außerdem wurden zwei Vorstandsmitglieder des Wiener Akademikerbundes, Obmann Josef M. Müller und Christian Zeitz, aus der ÖVP-Vorfeldorganisation ausgeschlossen. Weiters distanzierte sich die Delegiertenkonferenz - auch mit den Stimmen einiger Wiener Mitglieder - von dem Schreiben des Wiener Akademikerbundes, das die Debatte um die Organisation Mitte dieser Woche ins Rollen gebracht hatte.
Darin hatte die Gruppe unter anderem die Abschaffung des Verbotsgesetzes gefordert. Wiens ÖVP-Chefin Christine Marek kappte daraufhin die Beziehungen zum Wiener Akademikerbund und schloss Müller aus der Volkspartei aus.
Laut Wiener ÖVP ist Christian Zeitz allerdings noch Parteimitglied. Dies werde beim nächsten Parteivorstand nach Ostern Thema sein - "entweder er geht selbst oder er wird ausgeschlossen", hieß es. Der ehemalige Landesparteisekretär der Wiener ÖVP musste dieses Amt 1990 zurücklegen, nachdem bekannt wurde, dass er 1979 eine Unterstützungserklärung für den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Norbert Burger abgegeben hatte.
Oberösterreichischer Akademikerbund erbost
Auch der Wiener Akademikerbund als Organisation ist bereits öfter einschlägig aufgefallen. So ist etwa der Oberösterreichische Akademikerbund aus der Bundesorganisation ausgetreten, weil man schon damals über die Wiener Positionen "erbost" gewesen sei, sagt die Obfrau des nunmehr eigenständigen Vereins, Barbara Kovsca-Sagmeister. Die geforderte "Aufklärung und Abstellung gewisser Dinge" sei nicht passiert.
Der Rechtsextremismus-Forscher Heribert Schiedel bezeichnet den Wiener Akademikerbund als "Scharnierorganisation zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus". In "diesem Milieu" seien Antisemitismus, Antifeminismus und die Ablehnung der Demokratie aus monarchistisch-legitimistischen Gründen weit verbreitet. Der Wiener Akademikerbund sei "bekannt für weit rechts stehende Positionen", daher wirke die nunmehrige Empörung über das Papier "geheuchelt", sagt er.
Aufregung gab es vorher aus der Steiermark: Karlpeter Elis, Vorstandsmitglied des dortigen Akademikerbundes, erklärte, er urgiere schon seit langem "gegen die unfassbaren Papiere, die da hinausgegangen sind". Dem Bundesvorsitzenden des Akademikerbunds, Franz Fiedler, wirft Elis vor, die Wiener gut zu kennen, aber dennoch nicht tätig geworden zu sein. In einem Schreiben an die ÖVP-Bundespartei habe er daher bereits Ende 2009 Fiedlers Ablöse gefordert.
ÖVP-Kaltenegger: "Glasklar reagiert"
Dazu meint ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger, dabei sei es nur um Elis’ persönliches Verhältnis zu Fiedler gegangen - das sei über die Gremien zu klären. Er betonte, in der ÖVP sei kein Platz für jemanden, der die Abschaffung des Verbotsgesetzes will. Auch habe man nach Bekanntwerden des Schreibens "unverzüglich und glasklar reagiert". Auf die Frage, warum dies nicht schon früher geschehen sei, da die Aktionen der Wiener offenbar länger bekannt waren, sagt Kaltenegger: Seit er Generalsekretär sei und Josef Pröll Parteichef, seien die Wiener nicht aufgefallen.
Aus Prölls Büro heißt es, der Vizekanzler habe das Schreiben nicht gekannt. Wäre der Akademikerbund eine Teilorganisation der ÖVP, "hätte es sicher auch schon früher eine massive Diskussion gegeben". Aber der Wiener Akademikerbund sei lediglich eine "Sumpftruppe, die sich unter der Wahrnehmungsschwelle jedes vernünftigen Menschen" befinde.
Fiedler: Wenn nötig, Fall für das Schiedsgericht
Die Wiener Gruppe will die Beschlüsse der Delegiertenkonferenz jedenfalls nicht anerkennen. Zeitz sprach von einem "statutenwidrigen" und "irrationalen" Beschluss, die Absetzung des Vorstands werde man "nicht zur Kenntnis nehmen". Der Akademikerbund habe sich auf Bundesebene "in die Luft gesprengt", sagte er und kritisierte, dass die ÖVP immer mehr versuche, Einfluss auf diesen auszuüben. Den Brief, der Stein des Anstoßes war, bezeichnete Zeitz als "verunglückte Geschichte". Trotzdem wolle der Wiener Akademikerbund bei seinen Schwerpunkten wie Islam und EU bleiben.
Fiedler erklärte nach der Sitzung, der Akademikerbund habe "klar zum Ausdruck gebracht", dass der Brief nicht seinen Zielen entspreche. Sollte der Vorstand der Wiener Landesgruppe die eigene Absetzung nicht anerkennen, müsse ein Schiedsgericht zum Zug kommen.
+++ Verbotsgesetz - Akademikerbund sorgt für Eklat