Ab Montag wieder Abrechnung mit E-Card. | Ärzte erhalten Tariferhöhung um 4 Prozent. | Labortarife werden um 22 Prozent gekürzt. | Bei Vorsorge werden Selbstbehalte halbiert. | Wien. Spätestens ab Montag müssen die Ärzte Patienten der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) wieder über die E-Card, also bargeldlos, abrechnen. Allerdings wird dringend geraten, das schon ab heute, Freitag, zu tun.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Ärztekammerpräsident Walter Dorner haben bis Donnerstag 2 Uhr Früh bei einem Wiener Heurigen verhandelt, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Dabei haben sie auch ein neues "Vertrauensverhältnis" zueinander aufgebaut, wie die beiden in einer Pressekonferenz bestätigten.
Die 676.000 SVA-Versicherten können also aufatmen. Ihnen wird vom SVA-Obmann Leitl auch garantiert, dass es in den kommenden zwei Jahren keine Beitragserhöhungen geben wird. Jene, die in der vertragslosen Zeit beim Arzt waren und schon - teilweise überhöhte - Honorare bezahlt haben, können aber nur bedingt auf Rückerstattung ihrer Auslagen rechnen. Die SVA bietet für "Härtefälle" Lösungen an. Ärztekammerpräsident Dorner bietet an, dass sich jene Patienten, die überhöhte Rechnungen bezahlt haben, an ihn wenden.
Ärzte führenZeitmanagement ein
Beide Parteien haben vereinbart, dass sie im Fall, dass sie sich bis 2012 nicht über einen neuen Gesamtvertrag einig sind, auf den Einsatz einer Bundesschiedskommission verzichten. In diesem Fall würde dann wieder ein vertragsloser Zustand eintreten.
Konkret haben sich Ärztekammer und SVA darauf geeinigt, dass die Tarife ab 1. Juni bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesamtvertrags durchschnittlich um 0,65 Prozent erhöht werden. Die Labortarife werden dagegen um 22 Prozent gekürzt, ab 2011 noch einmal um 5 Prozent. Das bedeutet, dass die niedergelassenen Ärzte rund 4 Prozent mehr bekommen.
Außerdem müssen die Ärzte ein neues Zeitmanagement einführen. Wenn Unternehmer erst nach 18 Uhr zum Arzt gehen können, soll dies möglich sein. Auch sonst soll den Selbständigen bei Terminen mehr entgegengekommen werden. Ärztekammer-Vizepräsident Günther Wawrowsky betonte aber, dass dieses Zeitmanagement auch für andere Versicherte gelten werde.
WKO stimmtÄrzte-GmbHs zu
Zustimmung gab es von der Wirtschaftskammer zur Einführung von Ärzte- GmbHs. "Da gab es in der WKO noch Bedenken, aber wir sind bereit, dem eine Chance zu geben", sagte Leitl. Die Wirtschaftskammer hatte im Begutachtungsverfahren zu den Ärzte-GmbHs kritisiert, dass es nahezu keine Bedarfsprüfung dafür gebe, was die von der WKO vertretenen Ambulatorien "mittelfristig eliminieren" werde. Nun wird die WKO diese Ärzte-GmbHs unterstützen.
Ganz neu ist, dass Ärztekammer und SVA bis Jahresende einen neuen Gesamtvertrag ausarbeiten, der bereits ab Jänner 2011 in die Pilotphase gehen und ab Jänner 2012 gelten soll.
Hausarzt wirdCoach im System
Der Hausarzt erfährt eine Aufwertung, er soll als Coach im System fungieren. Zentraler Punkt darin wird die Vorsorge sein. Erreicht ein Patient mit dem Arzt gemeinsam festgelegte Parameter (Gewichtsreduktion, Senkung der Cholesterinwerte), halbiert sich der Selbstbehalt - also von zwanzig auf zehn Prozent.
Außerdem soll der Übergang von einem längeren Spitalsaufenthalt in die häusliche Betreuung vom Hausarzt betreut werden. Dieses sogenannte Entlassungsmanagement wird auf neue Beine gestellt.
Wawrowsky glaubt, dass es mit dieser neuen Vereinbarung in Zukunft auch gelingen wird, mehr junge Ärzte für den niedergelassenen Bereich zu gewinnen, denn da gebe es zunehmend ein Problem.
Leitl zeigte sich mit der Einigung sehr zufrieden: Die SVA zahle zwar mehr, erhalte aber auch mehr Leistungen. "Wir haben uns früher beschwert, dass die Wurstsemmel, die uns verkauft worden ist, zu teuer ist. Jetzt kriegen wir einen Apfel und ein Joghurt dazu und sind zufrieden."
Weniger zufrieden scheinen Teile der Ärztekammer zu sein. So zeigte sich der Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer, Christoph Reisner, "entsetzt". "Wer so verhandelt, sollte besser gar nicht verhandeln", vermeldete Reisner in einer Aussendung.
Stöger bleibt dabei: Schiedsinstanz kommt
Gesundheitsminister Alois Stöger will trotz der Einigung an der Einführung einer Schiedsinstanz im Falle eines vertragslosen Zustands festhalten. Der Zeitdruck dafür sei nach der Einigung nicht mehr so groß, dennoch peile er ein Gesetz mit Jahresende an.